Einen Monat nach der Verurteilung des päpstlichen Kammerdieners wegen des Diebstahls von Dokumenten hat im Vatikan der zweite Prozess um die „Vatileaks“-Affäre begonnen. Kurz nach der Eröffnung wurde der Prozess jedoch auf kommenden Samstag vertagt.
Im Verfahren muss sich der Informatikexperte Claudio Sciarpelletti vor Gericht verantworten. Der 48-Jährige, der vor Gericht anwesend war, wird beschuldigt, Gabriele beim Diebstahl geheimer Unterlagen unterstützt zu haben.
Wider Erwartungen wurde am Montag kein Zeuge befragt. Die fünf vorgeladenen Zeugen sollten am Samstag vernommen werden.
Gerichtspräsident Giuseppe Dalla Torre will Paolo Gabriele, den Chef der vatikanischen Gendarmerie, Domenico Giani, dessen Mitarbeiter Gianluca Gauzzi Broccoletti, den Vizekommandanten der Schweizergardisten, William Kloter, und Bischof Carlo Maria Polvani befragen, für den Sciarpelletti arbeitete.
Zu einem Urteil könnte es schon am Samstag kommen, wie aus Vatikankreisen. Bei Sciarpelletti wurde ein an Gabriele adressierter Umschlag mit Kopien von Geheimpapieren gefunden, woraufhin er im Mai kurzzeitig festgenommen wurde.
Keine gravierenden Vorwürfe
Die Vorwürfe gegen Sciarpelletti sind laut Vatikan nicht gravierend. Er habe bei Vernehmungen den Ermittlern unter anderem verschiedene Versionen zu den Vorfällen gegeben, damit habe er die Untersuchung zum sogenannten „Vatileaks“-Fall erschwert. Das vatikanische Gericht hatte beschlossen, Gabrieles Verfahren von jenem Sciarpellettis getrennt zu führen.
Der Prozess gegen den Informatikexperten findet wie bereits das Verfahren gegen Gabriele in einem kleinen Gerichtssaal hinter der Peterskirche statt.
Ein Richter-Trio führt den Prozess. Neben Dalla Torre, werden die Richter Paolo Papanti Pelletier und Venerando Marano Platz nehmen. Die Anklage vertritt der vatikanische Staatsanwalt Nicola Picardi, der die Ermittlungen geführt hat. Anwesend ist auch Untersuchungsrichter Piero Antonio Bonnet.
Haupttäter verurteilt
Paolo Gabriele war am 6. Oktober zu 18 Monaten Haft verurteilt worden. Er hatte die Dokumente Benedikts XVI. kopiert und an den Journalisten Gianluigi Nuzzi weitergegeben.
Dieser schrieb in einem Enthüllungsbuch dann über Machtkämpfe an der Kirchenspitze, von einem Mordkomplott gegen den Papst sowie von düsteren Geldwäsche-Geschäften der Vatikanbank IOR. Der Ex-Kammerdiener befindet sich in einer Zelle der vatikanischen Gendarmerie.