Der frühere kongolesische Kriegsherr Bosco Ntaganda muss sich seit Mittwoch wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag verantworten. Gegen den 41-Jährigen liegen 18 Anklagen vor.
Bei den 18 Anklagepunkten geht es um Mord, Angriffe auf die Zivilbevölkerung, Vergewaltigung von Zivilisten, Rekrutierung von Kindersoldaten und deren Vergewaltigung sowie sexuelle Versklavung, Verfolgung aus ethnischen Gründen, Plünderungen und Angriffe auf geschützte Objekte wie beispielsweise Spitäler. Ntaganda sagte mit kaum hörbarer Stimme, er sei «in allen Punkten unschuldig».
Richter Robert Fremr eröffnete am Morgen die Verhandlung im Beisein des Angeklagten. Ntaganda soll als Kommandant der Rebellenmiliz Patriotische Front für die Befreiung des Kongos (FPLC) seinen Einheiten die Vergewaltigung von Kindersoldatinnen erlaubt und einen Priester mit mehreren Kopfschüssen getötet haben.
Dem Prozess wird besondere Bedeutung beigemessen, weil sich erstmals im internationalen Strafrecht ein Kommandant wegen Vergewaltigung und sexueller Versklavung in seiner eigenen Miliz verantworten muss.
Prozess gegen «Einzeltäter»
Chefanklägerin Fatou Bensouda sagte am ersten Prozesstag, hier gehe es nicht um «den Prozess gegen eine Volksgruppe», sondern um einen Einzeltäter, der «ethnische Spannungen ausgenutzt» habe, um daraus einen Gewinn an «Macht und Reichtum» zu ziehen. In der Region Ituri seien damals «hunderte Zivilisten getötet» worden.
Bensoudas Stellvertretein Nicole Samson ergänzte, Ntaganda und seine Miliz hätten «Kinder zum Töten gezwungen», grausam behandelt und Mädchen vergewaltigt. Die Ankläger wollen im Prozess rund 8000 Beweisdokumente vorlegen. Ntagandas Anwalt, der Kanadier Stéphane Bourgon, kündigte an, sein Mandant werde sich gegen die Vorwürfe wehren.
Die Anklage beruft sich auf Aussagen von 2149 Opfern. Etwa 80 Zeugen, unter ihnen drei ehemalige Kindersoldaten, sollen während des Prozesses gegen Ntaganda aussagen. Dem früheren Kriegsherrn werden vor allem Taten zur Last gelegt, die in der kongolesischen Provinz Ituri in den Jahren 2002 und 2003 begangen wurden. Die von Ntaganda angeführte und von der Volksgruppe der Hema dominierte Miliz FPLC kämpfte damals gegen Angehörige der Volksgruppen der Lendu, Bira und Nande.
2013 selbst gestellt
Ungeklärt ist, warum sich Ntaganda im März 2013 in der US-Botschaft in der ruandischen Hauptstadt Kigali selbst stellte. Das Den Haager Gericht hatte Ntaganda bereits im Jahr 2006 zur Fahndung ausgeschrieben und die Liste der Fahndungsgründe im Jahr 2012 verlängert. Vor Ntaganda stellte sich noch niemand freiwillig dem Internationalen Strafgerichtshof.
Möglicherweise fürchtete Ntaganda um sein Leben. Jahrelang war er selbst von seinem Umfeld als jemand gefürchtet, der ohne Vorwarnung tödliche Schüsse abfeuerte. Bei einem Überfall auf Mongbwalu soll er einen Priester persönlich mit mehreren Kopfschüssen getötet haben. Zu Ntagandas Spitznamen zählen «Terminator», «Tango Romeo» und «Marschall».
Der ehemalige FPLC-Chef Thomas Lubanga war im Jahr 2012 vom Den Haager Gericht wegen der Rekrutierung von Kindersoldaten zu 14 Jahren Haft verurteilt worden. Insgesamt wurden vom Strafgericht bereits mindestens ein Dutzend Afrikaner strafrechtlich verfolgt. Der Gerichtshof sieht sich mit Kritik konfrontiert, das Strafrecht einseitig gegen Afrikaner anzuwenden.