Beim Streit um die Zurechnungsfähigkeit des norwegischen Massenmörders Anders Behring Breivik stuft eine Psychiaterin dessen Verhalten in der Haft als „aufmerksam, konzentriert und organisiert“ ein. Zu diesem Schluss kommt sie in einem vertraulichen Bericht.
Die Osloer Zeitung „Aftenposten“ veröffentlichte am Donnerstag Details aus dem Bericht. Die Psychiaterin hatte Breivik drei Wochen in der Haftanstalt Ila fast ununterbrochen beobachtet.
Breivik hatte am 22. Juli 2011 bei zwei Anschlägen 77 Menschen getötet. Er wurde in einem ersten rechtspsychiatrischen Gutachten als nicht schuldfähig wegen paranoider Schizophrenie, in einem zweiten dagegen als voll zurechnungsfähig eingestuft.
Zwischen dem 29. Februar und dem 21. März wurde Breivik in der Haft bis auf die Schlafzeit durchgängig von Fachpersonal beobachtet. Die Psychiaterin Maria Sigurjonsdottir erklärte in ihrem Bericht für das Osloer Gerichtsverfahren, Breivik spreche stets „angemessen und zusammenhängend“.
Er offenbare „adäquate Denkprozesse“, die nach Inhalt sowie Struktur logisch seien. Dabei nutze er alle Gelegenheiten, „seine politische Botschaft zu verkaufen“.
Bei dem seit Mitte April laufenden Prozess hat Breivik die Aussagen von Überlebenden seines Massakers auf der Insel Utøya unbewegt verfolgt. Dabei schilderten ihn die jugendlichen Zeugen durchweg auch als ruhig und kontrolliert während der mehr als einstündigen und extrem grausamen Jagd auf seine Opfer auf Utøya.
Breivik begründet sein Verbrechen mit Hass auf muslimische Einwanderer sowie die sozialdemokratischen Befürworter einer multikulturellen Gesellschaft. Als entscheidende offene Frage für das Ende Juli erwartete Urteil gilt die Haltung der fünf Richter zur Zurechnungsfähigkeit des vielfachen Mörders.