Das Projekt für ein Mega-Pumpspeicherwerk Lago Bianco im bündnerischen Puschlav verzögert sich um Jahre. Das Bündner Energieunternehmen Repower rechnet mit einem Baubeginn nicht vor 2019. Als Grund werden die erodierten Preise auf dem Strommarkt genannt.
«Wir glauben daran, dass Lago Bianco früher oder später gebaut werden kann», sagte Felix Vontobel, Vize-CEO der Repower, am Mittwoch im Interview mit dem Regionaljournal Graubünden von Radio SRF. Das Projekt verschwinde nicht in einer Schublade. Man werde es weiterbearbeiten – die Frage sei nur, mit welchem Engagement.
Ursprünglich wollte Repower schon dieses Jahr bauen. Weil sich die Konzessionserteilung durch den Kanton verzögerte, verschob sich der Termin dann ins 2014. Nun sei aber an einen Baubeginn für das 2,5 Milliarden-Franken-Vorhaben «nicht zu denken», sagte der Vize-CEO.
Der Strommarkt sei in den letzten Jahren mit subventionierter erneuerbarer Energie überschwemmt worden. Das habe zu einem Preiszerfall geführt. «In Westeuropa sind alle Projekte zurückgestellt, die nicht von Subventionen profitieren», erklärte Vontobel.
Die Politik sei nun zwar daran, das Fördersystem zu überdenken. Bis die Weichen wieder zu mehr Markt hin gestellt werden, dürften laut Vontobel aber ein paar Jahre vergehen.
Serie von Rückschlägen
Der Aufschub von Lago Bianco auf unbestimmte Zeit reiht sich ein in eine Serie von Rückschlägen, die Repower in jüngster Zeit bei ihren Schlüsselvorhaben hat hinnehmen müssen.
Erst im September wurde in Graubünden eine Volksinitiative aus grünen Kreisen angenommen, welche Repower zwingt, aus seinem Kohlekraftwerks-Projekt im kalabrischen Saline Joniche auszusteigen.
Das zweite grosse Kohlekraftprojekt im norddeutschen Brunsbüttel scheiterte schon 2012, nachdem die Projektinitiantin SüdWestStrom die Planungsarbeiten für das 3 Milliarden Euro teure Kraftwerk einstellte. Die Gründe waren fehlender politischer Rückhalt, Widerstand der Umweltverbände und Marktunsicherheiten.
Wieder auf Kurs ist hingegen das 350 Millionen Franken schwere Wasserkraft-Projekt Chlus im vorderen Prättigau, nachdem es 2012 redimensioniert wurde. Ebenfalls weiter vorangetrieben wird ein Gaskraftwerk im deutschen Leverkusen.
Poschiavo muss auf Millionen Franken warten
Direkt betroffen vom Aufschub ist die Standortgemeinde Poschiavo. Ihr entgehen vorerst jährliche Wasserzinsen und Pumpwerksteuern von 2,6 Millionen Franken sowie eine einmalige Konzessionsgebühr von 5,1 Millionen Franken. Das ist viel Geld für eine Talgemeinde in einem Randgebiet mit gerade einmal 3600 Einwohnern.
Jammern mag Gemeindepräsident Alessandro Della Vedova dennoch nicht. Der Gemeindevorstand sei in ständigem Kontakt zu Repower. Der Aufschub des Bauvorhabens komme darum nicht überraschend. Della Vedova ist überzeugt, dass Lago Bianco realisiert wird, sobald Marktkorrekturen greifen – so wie es die Repower versichert.
Die Gemeinde könne mit der Verzögerung leben. Als vorsichtige Bergler habe man die Wasserzinsen noch nicht in die Budgets eingeplant. Die lokalen Bauunternehmen würden hingegen durchaus getroffen von der jahrelangen Verzögerung.
Man könne den Aufschub aber auch als heilsamen Schock sehen. «Wir dürfen uns nicht völlig von Repower abhängig machen, sondern müssen als Talschaft diversifizieren», sagte Della Vedova.