Russlands Präsident Wladimir Putin hat Konsequenzen aus einer Korruptionsaffäre gezogen und Verteidigungsminister Anatoli Serdjukow am Dienstag entlassen. Nachfolger werde der Gouverneur der Region Moskau, Sergej Schoigu, wie Putins Sprecher Dmitri Peskow mitteilte.
„Mit Rücksicht auf die Lage rund um das Verteidigungsministerium habe ich entschieden, Minister Serdjukow aus seinem Amt zu entlassen, um die Voraussetzungen für eine objektive Untersuchung aller Vorwürfe zu ermöglichen“, sagte Putin später selbst in einer im Fernsehen übertragenen Stellungnahme und gab Schoigus Ernennung bekannt.
Der entlassene Verteidigungsminister wird für Fehler einer Firma seines Ministeriums verantwortlich gemacht. Ermittler hatten im Oktober die Büros des Unternehmens durchsucht und ein Verfahren wegen des Verdachts eingeleitet, es habe Vermögen unter Wert verkauft und dabei Verluste von umgerechnet fast 100 Millionen Dollar gemacht.
Die Ermittlungen warfen auch Fragen zu einer Beziehung Serdjukows zu einer Frau auf, die früher eine führenden Posten in der Militärverwaltung bekleidet hatte und in deren Wohnung Dutzende wertvolle Gemälde, Antiquitäten und mehr als 100 Ringe gefunden wurden.
Überraschender Entscheid
Die Kabinettsumbildung kam vor allem deshalb überraschend, weil der 50-jährige Serdjukow bislang als Vertrauter Putins galt. Er hatte für den Präsidenten eine umstrittene Militärreform durchgesetzt. Im Zuge dieser Reform wurde die Zahl der Offiziere um 100’000 verringert, die Truppen umorganisiert und Korruption auf hoher Ebene aufgedeckt.
Einflussreiche Armee-Offiziere hatten Serdjukow vorgeworfen, als Zivilist keine Ahnung vom Militär einer Weltmacht zu haben. Serdjukow war im Jahr 2007 zum Verteidigungsminister ernannt worden. Damals war der frühere Möbelhändler und Chef der russischen Steuerbehörde der erste Zivilist in dem Amt seit dem Ende der Sowjetunion.
Stalins langer Schatten
Bei Serdjukows Nachfolger Schoigu handelt es sich um einen Vertrauten Putins, der etwa 20 Jahre lang das Katastrophenschutzministerium führte und Russlands Bevölkerung aus dieser Zeit gut bekannt ist. Auch er machte keine Karriere in der Armee, hat aber den Generalsrang inne. Erst kürzlich wurde er zum Gouverneur der Hauptstadtregion ernannt.
Ein Militärspezialist der regierungskritischen Tageszeitung „Nowaja Gaseta“, Pawel Felgenhauer, sagte angesichts Putins umstrittener Regierungsführung, dieser handle inzwischen „im Geiste Stalins“. Es gebe „keine unverzichtbaren Leute“ in seinem Machtapparat, und Putin versuche, „die Angst in der Elite aufrechtzuerhalten“, sagte er der Nachrichtenagentur AFP.