Russlands Präsident Wladimir Putin sieht den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad weiter als den legitimen Machthaber in seinem Land an. Er verlangt aber eine rasche Verfassungsreform und Wahlen in Syrien, sobald das Land stabilisiert ist.
«Assad bekämpft nicht die eigene Bevölkerung, sondern diejenigen, die bewaffnet gegen die Regierung vorgehen», sagte Putin in einem am Dienstag vorab veröffentlichten Interview der «Bild»-Zeitung. Wenn dadurch auch die Zivilbevölkerung leide, sei dies nicht die Schuld Assads.
Seine Parteinahme für Assad bedeute aber nicht, dass in Syrien alles beim Alten bleiben könne. «Wenn die Stabilisierung des Landes vorankommt, müssen eine Verfassungsreform folgen und danach vorgezogene Präsidentschaftswahlen», forderte Putin. Allerdings betonte er auch: «Nur das syrische Volk kann entscheiden, wer das Land in Zukunft regieren soll.»
Seine Unterstützung für Assad begründete der russische Präsident mit der Bedeutung regionaler Stabilität. «Wir wollen nicht, dass Syrien so endet wie der Irak oder Libyen.» Deshalb müssten die legitimen Machthaber in Syrien gestützt werden.
Asyl für Assad nicht ausgeschlossen
Auch die Gewährung politischen Asyls für Assad in Russland schloss Putin nicht aus, nannte die Frage aber verfrüht. «Dafür ist die Zeit noch nicht reif. Aber es war sicherlich schwieriger, Herrn Snowden Asyl in Russland zu gewähren, als es im Fall von Assad wäre», sagte Putin mit Blick auf den ehemaligen US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden, dem Russland Asyl gewährt hat.
2012 hatte Moskau einen Plan, Assad Asyl zu gewähren, als «Witz» zurückgewiesen. Putin sagte nun, er sei der Meinung, «dass Präsident Assad viel falsch gemacht hat im Laufe dieses Konflikts. Aber dieser Konflikt hätte niemals eine solche Grösse gewonnen, wenn er nicht von ausserhalb Syriens befeuert würde – mit Waffen, Geld und Kämpfern».
Bereit zu NATO-Zusammenarbeit
Ausserdem sprach sich Putin im Interview dafür aus, die Zusammenarbeit mit der NATO wieder zu verstärken. «Russland würde gern wieder mit der NATO zusammenarbeiten, Gründe und Gelegenheiten gäbe es genug», sagte er. Aber es sei wie im richtigen Leben: «Eine glückliche Liebe ist nur eine, die erwidert wird. Wenn man nicht mit uns zusammenarbeiten will, na bitte, dann eben nicht.»
Der russische Präsident betonte auch seine Bereitschaft, wieder an G8-Treffen teilzunehmen. Die Treffen «waren alles in allem durchaus nützlich, denn es ist immer gut, alternative Meinungen auszutauschen und Russland zuzuhören».
Die G7-Staaten hatten die Teilnahme Russlands an den Treffen ausgesetzt, nachdem es wegen der Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim durch Russland im Frühjahr 2014 zu starken Spannungen gekommen war.
Supermacht? Zu teuer
Putin bestritt im Interview, dass sein Land wieder eine Grossmacht werden wolle. «Nein, wir beanspruchen die Rolle einer Supermacht nicht. Das ist viel zu teuer und unnötig».
Die Äusserung von US-Präsident Barack Obama, wonach Russland nur noch eine Regionalmacht sei, habe er «nicht ernst genommen», versicherte Putin. Er widersprach damit Einschätzungen, wonach er die Äusserung Obamas als Kränkung empfunden habe.