In Russland herrscht offenbar Uneinigkeit über den Zustand der Wirtschaft des Landes. Während Präsident Putin am internationalen Wirtschaftsforum in St. Petersburg die Lage als stabil bezeichnete, sprach Ex-Finanzminister Kudrin von einer «vollwertigen Krise».
Laut Kudrin werden sich die Wirtschaftsdaten wegen der westlichen Sanktionen und niedrigen Ölpreisen bis zum Ende des Jahres weiter verschlechtern. Erst am Mittwoch hatten sich die EU-Staaten darauf verständigt, die Sanktionen gegen Russland bis Ende Januar 2016 zu verlängern.
Kudrins pessimistische Sicht wird zudem gestützt von den neusten Wirtschaftsdaten. Demnach schrumpfte das Bruttoinlandprodukt Russlands in den ersten fünf Monaten um 3,2 Prozent, wie Wirtschaftsminister Alexej Uljukajew am Freitag in St. Petersburg sagte.
Erholung erst im kommenden Jahr
Im ablaufenden zweiten und im folgenden dritten Quartal werde die Wirtschaftsleistung zwischen 3,5 und 4,0 Prozent einbrechen, im Schlussquartal 2015 dann um etwa zwei Prozent. «Ab dem zweiten Quartal kommenden Jahres werden wir wieder ein Wachstumsniveau des Bruttoinlandsproduktes von zwei Prozent oder etwas mehr sehen», sagte der Minister.
Ein Indiz für die Misere ist der Automarkt, wo sich die Lage verschärft. In diesem Jahr sei mit einem Absatzrückgang von 25 bis 50 Prozent zu rechnen, sagte Industrieminister Denis Manturow. Bislang war er von einem Minus von maximal 25 Prozent ausgegangen. Nach jahrelangen Zuwächsen bekommt die russische Autobranche die Krise inzwischen schmerzhaft zu spüren.
Putin gibt sich optimistisch
In der Lesart von Präsident Wladimir Putin hat die Wirtschaftskrise Russland dagegen weniger hart getroffen als befürchtet. «Wir haben die Lage stabilisiert», sagte Putin am Wirtschaftsforum. Die Nachfrage steige wieder, die Handelsbilanz sei positiv, und der Rubelkurs zu Dollar und Euro stabiler geworden. «Viele haben eine tiefe Krise vorausgesagt, doch diese ist nicht eingetreten», betonte Putin.