Schweizer Industrieunternehmen wollen mit einer europäischen Internet-Plattform den Fachkräftemangel lindern. Mit Q4Europe sollen Diplome und Qualifikationen vergleichbar werden. Davon profitieren laut den Promotoren auch inländische Arbeitnehmer.
Das Problem des Fachkräftemangels sei akut und werde sich noch verschärfen. Bereits beklagten gut 30 Prozent der Schweizer Industrieunternehmen Probleme, Fachkräfte zu finden, sagte Roland Müller, neuer Direktor des Schweizerischen Arbeitgeberverbandes, am Mittwoch vor den Medien in Zürich. In der Uhrenbranche und im Maschinenbau seien es gar 46 respektive 44 Prozent.
Potenzial liege in der Förderung der Erwerbstätigkeit von Frauen und in der Ausbildung älterer Arbeitnehmer brach. Auch die Zuwanderung müsse gesichert werden, sagte Müller «mit Blick auf die anstehenden Abstimmungen über die Personenfreizügigkeit mit der EU».
Arbeitnehmerprofil soll möglichst genau werden
Aber ein deutscher Feinwerktechniker kann nicht das gleiche wie ein schweizerischer Polymechaniker. Wieder anderen Ländern ist das duale System der Schul- und Berufsausbildung gänzlich fremd. Arbeitszeugnisse seien teils schwer einzuordnen.
Welcher Abschluss bringt welche Kompetenzen, welche Fachperson bestätigt das: Die Plattform Q4Europe soll den Firmen ermöglichen, im Detail zu wissen, was eine Arbeitnehmerin, was ein Arbeitnehmer kann, sagte Oliver Müller, Direktor des Branchenverbandes Swissmechanic, der das Präsidium des Vereins Q4Europe übernommen hat.
Gründungsmitglieder sind auch die Schweizerische Metall-Union, die Europäische Metall-Union und die Metall-Branchenverbände von Deutschland und den Niederlanden.
Freiwillige Datenpreisgabe
Für Arbeitnehmende soll die Erstellung eines Profils auf www.q4europe.eu freiwillig und gratis sein. Auch sollen sie frei entscheiden können, welche Informationen den Mitgliedern zugänglich gemacht werden. Und die Arbeitnehmer müssen mit der Qualifizierung durch den Arbeitgeber einverstanden sein, sagte Müller.
Das Profil soll die Arbeitnehmer über ihre Karriere begleiten und aufzeigen, welche Entwicklung sie erzielt haben und wo noch Ausbildungsbedarf besteht. Im Fokus seien insbesondere die Lehrlinge, die noch keine feste Stelle in Aussicht haben, sagte Müller. Sie sollen sich präsentieren können und auch sehen, wo Stellen frei sind.
Im Unterschied zu gängigen Stellenbörsen soll das Profil wesentlich detaillierter sein. Je nach Beruf wählbare Kriterien können auf einer Skala bewertet werden, beispielsweise bestimmte Fachkenntnisse oder Angaben zu Teamfähigkeit und Selbstständigkeit. Verglichen werden nicht einfach nationale Diplome oder Berufsprofile, sondern konkrete Kenntnisse eines einzelnen Arbeitnehmers.
Beteiligte Firmen finanzieren Plattform
Die beteiligten Firmen finanzieren die Plattform mit einem Mitgliederbeitrag und können sich darauf präsentieren sowie Stellen ausschreiben. Sie sollen von tieferen Kosten bei der Personalsuche profitieren und direkte Kontakte zu Berufsleuten der eigenen Branche knüpfen können. Es soll auch ein Hilfsmittel für Lohn- und Leistungsbeurteilungsgespräche sein.
Priorität habe die bessere Vernetzung in der Schweiz, um den Fachkräftemangel zu dämpfen, sagte Müller. In einer zweiten Runde solle der europäische Austausch erfolgen. Davon profitierten alle durch höhere Produktivität und Wohlstand.