Nach dem Kauf des grössten Teils der Bank Wegelin will die Raiffeisen-Gruppe die Kundenbeziehungen intensiv prüfen. Problematische Fälle – etwa Steuersünder – müssten sich eine neue Bank suchen, sagte der Raiffeisen-Chef Pierin Vincenz in Interviews.
Rund 30 Prozent der Kunden der Privatbank Notenstein, wie das Nicht-US-Geschäft der Bank Wegelin neu heisst, stammen aus dem europäischen Ausland. „Wir werden alle Kundenbeziehungen noch einmal intensiv prüfen“, sagte Vincenz in einem Interview mit der „Neuen Zürcher Zeitung“ vom Samstag.
„Von jenen, die dem schweizerischen oder dem ausländischen Recht widersprechen, werden wir uns trennen“, sagte Vincenz in einem weiteren Interview, das in der „Südostschweiz“ und „Neuen Luzerner Zeitung“ erschien. Diese Kunden müssten sich eine neue Bank suchen.
Wenn sich unter den Kunden sogar noch solche mit US-Bezug befinden, würden diese zur Bank Wegelin transferiert. Das sei vertraglich so festgeschrieben. Er rechne aber nicht mit vielen Steuerflüchtigen, sagte Vincenz.
Die restlichen 70 Prozent Kunden stammen laut Vincenz aus der Schweiz. Auch dort werde kontrolliert, „ob das Geld versteuert ist“. Es gebe aber keine gesetzliche Pflicht, den Steuerausweis der Kunden einzusehen.
Kein Plan B
Auch nachdem die Bank Wegelin in den USA angeklagt wurde, zeigt sich Vincenz sicher, dass die ausgelagerte Notenstein-Bank nicht ins Visier der US-Justiz geraten wird. Vincenz verteidigt erneut auch den Entscheid, mit Adrian Künzi einen ehemaligen Teilhaber der Bank Wegelin an die Spitze der Notenstein gesetzt zu haben. Künzi habe keinen Bezug zum US-Geschäft gehabt und bringe viel Know-how mit.
Die Risiken seien mit Anwälten und mit der Finanzmarktaufsicht FINMA analysiert worden. „Uns wurde glaubhaft dargestellt, dass kein Risiko besteht“, sagte der Chef der Raiffeisen-Gruppe und Verwaltungsratspräsident der Notenstein. Deshalb sei auch kein Plan B nötig für den Fall eines Angriffs der US-Justiz.
Die Raiffeisen-Gruppe hatte vor einer Woche den grössten Teil des Geschäfts der St. Galler Privatbank Wegelin gekauft. Über den Kaufpreise wollen die Parteien keine Auskunft geben. „Es war ein Marktpreis, und es gab keine Geschenke, aber auch keine Übertreibungen“, sagt Vincenz.
Die älteste Privatbank der Schweiz – unter anderem mit dem NZZ-Verwaltungsratspräsident Konrad Hummler an der Spitze – geriet unter den Druck der US-Justiz, weil sie unversteuerte Gelder von ehemaligen UBS-Kunden übernommen haben soll. Am Donnerstag wurde Wegelin offiziell in den USA angeklagt.