Rasse, Religion und Präsidentschaftswahl

Für die Leute hier, auch wenn sie es nicht zugeben, sind «Rasse» («race») und Religion durchaus ein bestimmender Faktor, wenn sie sich ihren Präsidenten aussuchen. Barack Obama wurde vor vier Jahren vom «gemischtrassigen» (bi-racial) Kandidaten zum ersten schwarzen Präsidenten der USA. Viele unserer Bekannten und Freunde haben ihn unter anderem deshalb gewählt. Gerade ist Santorum, […]

Rick Santorum

Für die Leute hier, auch wenn sie es nicht zugeben, sind «Rasse» («race») und Religion durchaus ein bestimmender Faktor, wenn sie sich ihren Präsidenten aussuchen. Barack Obama wurde vor vier Jahren vom «gemischtrassigen» (bi-racial) Kandidaten zum ersten schwarzen Präsidenten der USA. Viele unserer Bekannten und Freunde haben ihn unter anderem deshalb gewählt.

Gerade ist Santorum, der in Ohio richtig knapp Zweiter wurde (und Erster in Wayne County, unserem Landkreis) in Puerto Rico total abserviert worden. Mitt Romney gewann mit 80 Prozent oder so, dann kam erstmal nichts, dann Santorum. Der Grund ist einfach: der Mann hat kurz vor der Vorwahl auf die dort äußerst wichtige Frage, ob er dafür sei, daß Puerto Rico ein voll ebenbürtiger Bundesstaat wird, geantwortet, dann müßten sie erstmal alle Englisch lernen, das sei schließlich gesetzlich so vorgeschrieben. Auwei, das ging voll daneben – oder besser, voll in die Binsen.

Abgesehen davon, daß es kein Gesetz gibt, das Englisch gesetzlich vorschreibt, hat er es sich nicht nur mit den Puertoricanern, sondern auch mit vielen «Latinos» hier im Land verscherzt. Man sollte zwar denken, daß im 21. Jahrhundert bestimmte Dinge nicht mehr so wichtig sind. Rasse, Religion, Kultur… In Europa verschwimmen ja auch vielerorts die kulturellen Grenzen: etwa aus Fatih Akın wurde zwischenzeitlich der «deutsche Regisseur türkischer Herkunft», keinen kümmert es, daß jemand mit Nachnamen Rösler heißen und äußerst asiatisch aussehen kann, die französische Präsidentengattin ist ein italienisches Supermodel…

Für die Leute hier, auch wenn sie es nicht zugeben, sind «Rasse» (race) und Religion durchaus ein bestimmender Faktor, wenn sie sich ihren Präsidenten aussuchen. Barack Obama wurde vor vier Jahren vom „gemischtrassigen“ (bi-racial) Kandidaten zum ersten schwarzen Präsidenten der USA. Viele unserer («weißen») Bekannten und Freunde haben ihn u.a. deshalb gewählt. Und weil er so hübsch reden konnte. Es ist mittlerweile auch denen klar, daß er an Erfolgen nicht viel aufzuweisen hat, obwohl er die ersten zwei Jahre seiner Amtszeit praktisch tun und lassen konnte, was er wollte – die Demokraten hatten damals das Repräsentantenhaus UND den Senat unter Kontrolle. Eine Freundin sagte mir unlängst, sie sei zwar enttäuscht, aber sie werde ihm «noch einmal eine Chance geben». Häh?

Die Republikaner hadern derweil mit sich, weil der Katholik, der als Nr. 2 immer noch im Rennen ist, so extreme und erzkonservative Ansichten äußert (attraktiv für sogenannte Tea Party Republicans, aber nicht für moderate so wie mich), während die etwas moderatere (und für mich persönlich irgendwo normalere) Nr. 1 abgesehen von seinem unanständig riesigen Vermögen einen Hauptmangel hat: er ist Mormone. Ja das sind die Typen die auch in Europa im dunklen Anzug mit Krawatte von Tür zu Tür gehen, um sich mir dir und mir über Gott zu unterhalten. Man stelle sich das einmal vor, und da will der Mann Präsident werden? (John F. Kennedy mußte vor über 50 Jahren seinen Katholizismus verteidigen, aber das ist ja heute Mainstream…)

Eigentlich sollte ich es ja nach all der Zeit hier gewöhnt sein, aber die Diskussionen hier und anderswo zeigen mir, daß viele Leute es eben anders sehen. Jemand sagt mir kürzlich, auch wenn Mitt Romney schlußendlich der republikanische Kandidat würde, und damit potentiell der erste mormonische Präsident, den dieses Land jemals hatte, sei das immer noch besser als Obama. Schließlich seien Mormonen so quasi Christen, wenn auch nur ein christlicher Kult (aber besser als gar nichts), und Obama sei doch Moslem, das sei ja nun bekannt.

Und ich bin der Kaiser von China.

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