Ratko Mladic möglicherweise sterbenskrank und verhandlungsunfähig

Der wegen Völkermordes angeklagte serbische Ex-Militärchef Ratko Mladic ist derzeit zu krank, um an Gerichtsverhandlungen teilzunehmen. Dies erklärte am Donnerstag der Medizinische Dienst des UNO-Untersuchungsgefängnisses in Den Haag in einem Attest.

Der wegen Völkermordes angeklagte serbische Ex-Militärchef Ratko Mladic ist derzeit zu krank, um an Gerichtsverhandlungen teilzunehmen. Dies erklärte am Donnerstag der Medizinische Dienst des UNO-Untersuchungsgefängnisses in Den Haag in einem Attest.

Der 69-Jährige brauche „eine längere Periode der Genesung“, hiess es. Einzelheiten wurden nicht mitgeteilt. Gerüchte, Mladic sei möglicherweise sterbenskrank, erhielten dennoch neue Nahrung.

Unter Hinweis auf das ärztliche Attest liess sich Mladic für eine am selben Tag angesetzte Anhörung zu dem geplanten Prozess vor dem UNO-Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien entschuldigen. Das Tribunal akzeptierte dies.

Es entschied zwar, eine Beratung zu Verfahrensfragen ohne den Angeklagten abzuhalten. Die inhaltliche Anhörung, bei der sich Mladic zur Ergänzung der Anklage um weitere mutmassliche Kriegsverbrechen in Bosnien-Herzegowina äussern sollte, wurde hingegen abgesagt.

Mladic soll Krebs haben

Mladic war im Mai nach 16 Jahren auf der Flucht in Serbien verhaftet und nach Den Haag ausgeliefert worden. Er klagte dort von Anfang an über gesundheitliche Probleme und sagte bei seinem ersten Erscheinen vor dem Gerichtshof im Juni: „Ich bin ein schwer kranker Mann.“

Ein Anwalt des früheren Militärführers der Serben in Bosnien-Herzegowina behauptete seinerzeit, Mladic leide an Lymphdrüsenkrebs und werde seinen Prozess kaum überleben. Der Gerichtshof bestritt dies.

Verfahren nicht aufteilen

Die Staatsanwaltschaft hatte im August unter Hinweis auf die Gefahr einer Verschlechterung der Gesundheit des Angeklagten eine Beschleunigung des Verfahrens verlangt. Dafür beantragte sie eine Aufteilung auf zwei aufeinanderfolgende Prozesse.

Mladic solle zuerst wegen des Völkermords in Srebrenica zur Verantwortung gezogen werden, dem im Sommer 1995 etwa 8000 bosnische Muslime zum Opfer fielen, forderte Chefankläger Serge Brammertz. Erst in einem zweiten Prozess sollen weitere Kriegsverbrechen behandelt werden, darunter die Belagerung von Sarajevo.

Dieser Antrag wurde am 13. Oktober abgewiesen. Eine solche Aufteilung könnte zu Vorurteilen gegen den Angeklagten führen und den Ablauf des Verfahrens erschweren, befanden die Richter. Wann das auf mehrere Jahre veranschlagte Hauptverfahren gegen Mladic beginnen kann, war am Donnerstag völlig unklar.

In diplomatischen Kreisen in Den Haag hiess es, dass es möglicherweise nie ein Urteil gegen Mladic geben wird. Der einst ebenfalls wegen des Völkermords in Srebrenica angeklagte Ex-Staatschef Jugoslawiens, Slobodan Milosevic, war 2006 nach vierjähriger Prozessdauer in der Haager Untersuchungshaft gestorben.

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