Im Jemen droht die komplette Machtübernahme durch die schiitischen Huthi-Rebellen: Am Mittwoch rückten diese bis an die Hafenstadt Aden heran. Dort hält sich der aus der Hauptstadt Sanaa geflohene Präsident Hadi auf.
Nach Berichten lokaler Medien griffen Kampfflugzeuge den Palast von Abed Rabbo Mansur Hadi in Aden an – bis 1990 Hauptstadt des damaligen sozialistischen Teilstaates im Südjemen. Am Boden nahmen die Rebellen nach Angaben lokaler Quellen eine auch vom US-Militär genutzte Luftwaffenbasis kurz vor der Stadt ein.
Am Abend lieferten sich Hadi-Getreue und Huthis bereits Gefechte um den internationalen Flughafen, berichteten lokale Medien unter Berufung auf Militärquellen.
Die Huthis beherrschen seit Monaten grosse Teile des Nordjemens sowie die Hauptstadt Sanaa. Dort hatten sie Hadi und Teile der Regierung über Wochen festgesetzt. Ende Februar floh Hadi nach Aden. Von dort aus versucht er, die Macht im Land wiederzuerlangen.
Luftangriff auf Präsidentenpalast
Am Mittwoch habe ein Kampfjet mindestens drei Raketen auf Hadis Residenz abgefeuert, berichtete die lokale Nachrichtenseite «Aden al-Ghad» am Mittwoch unter Berufung auf Augenzeugen. Bodentruppen hätten das Feuer erwidert. Ob es Opfer gab und ob Hadi sich in dem Palast aufhielt, war zunächst nicht bekannt.
Schon am Wochenende hatten Kampfflugzeuge das Anwesen Hadis attackiert. Die Rebellen hatten in der Vergangenheit mehrere jemenitische Luftwaffenstützpunkte im Norden unter ihre Kontrolle gebracht. Auch am Boden waren die Huthis seit einigen Tagen in Richtung Aden vorgerückt.
Auf ihrem Weg nach Aden eroberten sie unter anderem die Universitätsstadt Tais und schlugen dort in den vergangenen Tagen Demonstrationen gegen sie blutig nieder.
Verteidigungsminister angeblich festgenommen
Nach eigenen Angaben griffen die Rebellen auch den jemenitischen Verteidigungsminister auf. Mahmud al-Subaihi sei «festgenommen» worden, als er mit Milizionären gegen die Huthis vorging, hiess es. Eine unabhängige Bestätigung gab es zunächst nicht.
Unterstützung erhalten die Huthis nach lokalen Quellen von Soldaten, die dem ehemaligen Präsidenten Ali Abdullah Saleh treu ergeben sind. Saleh war Anfang 2012 nach Protesten gegen ihn zurückgetreten.
Erst vor vier Tagen hatten die USA aus Sicherheitsgründen eigene, in der jemenitischen Basis stationierte Soldaten abgezogen. Sie hatten Al-Anad als Drohnen-Stützpunkt im Anti-Terror-Kampf genutzt. US-Soldaten trainierten dort zudem jemenitische Spezialeinheiten.
Hadis Aufenthaltsort unklar
Der Leiter des jemenitischen Sicherheitsdienstes sagte am Mittwoch «Aden al-Ghad», das Staatsoberhaupt befinde sich nach wie vor in seinem Anwesen in Aden. Hadi habe nicht vor, vor den Rebellen zu fliehen.
Am Abend teilte dann das US-Aussenministerium in Washington mit, der Präsident habe sein Anwesen in Aden verlassen. Freiwillig, wie die Sprecherin Jennifer Psaki betonte. Wohin Hadi sich begeben habe, sagte sie jedoch nicht.
Das Aussenministerium des Jemens erklärte, Hadi halte sich weiter in der Hafenstadt Aden im Süden des Landes auf. Vertretern des Präsidialamtes zufolge floh er in einen anderen Palast am anderen Ende der Stadt. Die Huthis beherrschen seit Monaten grosse Teile des Nordjemens sowie die Hauptstadt Sanaa.
Saudi-arabischer Truppenaufmarsch
Saudi-Arabien hat US-Regierungskreisen zufolge schweres Militärgerät an der Grenze zum Jemen zusammengezogen. Unklar ist laut den Quellen der Zweck: Der Aufmarsch könnte offensiven, aber auch defensiven Zielen dienen.
Hadi wird von Saudi-Arabien und anderen sunnitischen Monarchien der Region unterstützt, die Huthi-Miliz vom schiitischen Iran.