Der konservative Politikveteran Marcelo Rebelo de Sousa hat die Präsidentschaftswahl in Portugal schon in der ersten Runde für sich entschieden. Sein volksnaher und jovialer Stil liess ihm bereits im Wahlkampf viele Herzen zufliegen.
Nach Auszählung fast aller Stimmen errang der 67-Jährige am Sonntag gut 52 Prozent und grossem Vorsprung. Eine zweite Wahlrunde ist demnach nicht erforderlich.
Rebelo de Sousa versprach am Abend, die «nationale Einheit» in dem «gespaltenen» Land wiederherzustellen. «Ein Land wie unseres, das aus einer tiefen wirtschaftlichen und sozialen Krise kommt, kann sich nicht den Luxus erlauben, seine Energie zu verschwenden», sagte der Professor der Rechte und Fernsehkommentator vor mehreren hundert Anhängern in der juristischen Fakultät der Lissabonner Universität.
Im Dienste der Portugiesen, nicht der Parteien
Er versicherte, ein «freier und unabhängiger» Präsident zu sein, dessen Engagement keiner Partei, sondern ausschliesslich «allen Portugiesen» gelte.
Rebelo de Sousa war als klarer Favorit ins Rennen gegangen. Bei seinem Wahlkampf setzte er nicht auf Plakate und Programme, sondern auf den direkten Kontakt mit den Bürgern.
Einer der ersten Gratulanten war der frühere Ministerpräsident Pedro Passos Coelho. Dieser Sieg in der ersten Runde verleihe Rebelo de Sousa eine besondere Autorität, erklärte er. Passos Coelhos rechtskonservative Allianz war bei den Wahlen vom 4. Oktober zwar stärkste Kraft geworden, hatte aber keine Mehrheit im Parlament erobern können.
Bei der Präsidentenwahl gebe es keine Verlierer, betonte der Sieger, früher Chef der portugiesischen Sozialdemokraten. «Wir sind alle ein Land.» Rebelo de Sousas aussichtsreichster Rivale, Antonio Sampaio da Novoa, war weit abgeschlagen hinter dem Juristen gelandet. Laut den Teilergebnissen bekam der unabhängige Linkspolitiker weniger als 23 Prozent der Stimmen.
Marisa Matias, Kandidatin des Linksblocks, welcher der griechischen Syriza-Partei nahe steht, schnitt mit zehn Prozent der Stimmen überraschend gut ab.
Vereidigung am 9. März
Der neue Präsident soll am 9. März vereidigt werden. Das Parlament dürfte er frühestens im April – sechs Monate nach dessen Wahl im Oktober – auflösen.
Das Staatsoberhaupt hat in Portugal relativ viel Macht. Der «Presidente», für fünf Jahre gewählt, kann sein Veto gegen Gesetze einlegen, das Parlament auflösen und Neuwahlen ausrufen.
In dem wirtschaftlich nach wie vor angeschlagenen Land ist seit zwei Monaten eine sozialistische Minderheitsregierung unter Leitung von Antonio Costa im Amt, die die Sparvorgaben der EU umsetzen muss. Sie ist auf Unterstützung der Grünen und Kommunisten angewiesen.
Costa sicherte dem künftigen Präsidenten «höchste Loyalität und volle institutionelle Kooperation» zu. Der Sozialist will viele Sparmassnahmen zurücknehmen. Er versprach aber, dass man mit einem Defizit von 2,6 Prozent der Wirtschaftsleistung 2016 die Auflagen aus Brüssel auf jeden Fall einhalten wolle.
Land steht auf eigenen Beinen
Der über Jahre mit internationalen Hilfskrediten unterstützte EU-Staat mit gut zehn Millionen Einwohnern steht seit 2014 finanziell wieder auf eigenen Beinen.
Nach dem komplizierten Regierungswechsel von Ende 2015 hat man aber noch keinen Haushalt für 2016. Zudem leidet das Land am Tejo trotz einer Erholung weiterhin unter einer hohen Arbeitslosigkeit, unter Massenauswanderung und Verarmung.
Die Wahlbeteiligung lag den Angaben zufolge bei rund 48 Prozent und damit über dem Rekordtief von 46,5 Prozent bei der vorherigen Präsidentschaftswahl im Jahr 2011. Der bisherige konservative Amtsinhaber, der 76-jährige Anibal Cavaco Silva, durfte nach zwei Amtszeiten gemäss Verfassung nicht mehr antreten.
Es war in Portugal die 9. Präsidentenwahl seit der Nelkenrevolution von 1974. Mit zehn Bewerbern traten so viele Kandidaten wie nie zuvor an.