Der Ständerat will nicht, dass alle Asylsuchenden nur noch Nothilfe statt Sozialhilfe erhalten. Anders als der Nationalrat lehnt er ein reines Nothilfe-Regime ab. Die heutigen Regeln verschärfen will aber auch die kleine Kammer.
Nach dem Willen des Ständerates sollen Asylsuchende in jedem Fall weniger Sozialhilfe erhalten als andere Sozialhilfebezüger. Schon heute erhalten Asylsuchende in der Regel 30 Prozent weniger Sozialhilfe. Gemäss geltendem Gesetz ist dies jedoch nicht zwingend.
Weiter möchte der Ständerat, dass renitenten Asylsuchenden in jedem Fall die Sozialhilfe gekürzt oder gestrichen wird. Schon heute können die Behörden die Sozialhilfe kürzen oder mit Nothilfe ersetzen, wenn ein Asylsuchender beispielsweise unwahre oder unvollständige Angaben macht. Künftig sollen sie dies tun müssen.
Der Ständerat folgte damit den Vorschlägen seiner vorberatenden Kommission. „Wir sind nicht einfach milder gewesen, wir haben differenziert“, sagte Christine Egerszegi (FDP/AG) im Namen der Kommission.
Der Nationalrat hatte sich in der Sommersession gegen den Willen von Justizministerin Simonetta Sommaruga für ein reines Nothilfe-Regime ausgesprochen: Alle Asylsuchenden sollten nur noch Nothilfe erhalten.
This Jenny (SVP/GL) beantragte dem Ständerat vergeblich, dem Nationalrat zu folgen. Die Attraktivität der Schweiz als Asylland müsse verringert werden, argumentierte er.
Zentren für Renitente
Nach dem Nationalrat entschied auch der Ständerat, renitente Asylsuchende in speziellen Zentren unterzubringen, und das schon bald. Der Ständerat stimmte den dringlichen Gesetzesänderungen am Mittwoch mit 26 zu 10 Stimmen bei 4 Enthaltungen zu.
Werden Bestimmungen für dringlich erklärt, können sie unmittelbar nach Abschluss der parlamentarischen Beratungen in Kraft treten – im aktuellen Fall voraussichtlich im Oktober. Ein Referendum könnte erst nachträglich ergriffen werden.
Wo diese besonderen Zentren eingerichtet werden sollen, ist allerdings noch offen. Für eine Testphase ist offenbar der Kanton Tessin im Gespräch.
Wehrdienstverweigerung kein Asylgrund
Umstrittener war, ob die Einschränkung des Flüchtlingsbegriffs für dringlich erklärt werden sollte. Das Bundesamt für Justiz war zum Schluss gekommen, bei dieser Massnahme seien die Voraussetzungen dafür nicht gegeben.
Der Ständerat sprach sich jedoch mit 25 zu 20 Stimmen dafür aus. Damit werden Wehrdienstverweigerer schon bald ausdrücklich nicht mehr als Flüchtlinge anerkannt.
Eine weitere dringliche Massnahme betrifft die Kantone und Gemeinden: Sie können sich künftig nicht mehr dagegen wehren, dass auf ihrem Gebiet in Bundesbauten vorübergehend Asylsuchende untergebracht werden. Der Ständerat folgte auch hier dem Nationalrat und stimmte der bewilligungsfreien Umnutzung zu.
Die Vorlage mit den dringlichen Massnahmen geht zurück an den Nationalrat. Über die Dringlichkeitsklausel werden die Räte noch explizit befinden, wenn alle Differenzen ausgeräumt sind.