Referendum gegen ELBA-Strassenausbau

Linke und grüne Parteien ergreifen gemeinsam mit diversen Verkehrsverbänden und Pro Natura das Referendum gegen den Strassenausbau im Baselbiet. Stein des Anstosses sind die Kosten von geschätzten 1,8 Milliarden Franken, bei gleichzeitig klammer Finanzlage.

Schilder wie dieses gehören in den kommenden Jahren zum Basler Strassenbild.

(Bild: sda)

Linke und grüne Parteien ergreifen gemeinsam mit diversen Verkehrsverbänden und Pro Natura das Referendum gegen den Strassenausbau im Baselbiet. Stein des Anstosses sind die Kosten von geschätzten 1,8 Milliarden Franken, bei gleichzeitig klammer Finanzlage.

Das Votum des Baselbieter Landrats vom 4. Juni war klar: Im Süden und Westen Basels sollen neue Strassen gebaut und nicht lediglich bestehende umgebaut werden. Mit 47 zu 33 Stimmen votierten vorab bürgerliche Politiker für die grosszügigere Variante Ausbau.

Der Baselbieter Baudirektorin Sabine Pegoraro schwebt nach den zurückgestellten Plänen für die Südumfahrung (Allschwil-Ettigen-Aesch) die Forcierung einer grösstenteils unterirdischen stadtnahen Tangente vor.

Zubringer Allschwil wird nicht bekämpft

Diese könnte vom Casino durch den Bachgraben nach Allschwil und von dort weiter nach Binningen verlaufen. Je nach Entscheid des Stadtkantons würde die Tangente dann in einen Gundeldinger-Tunnel oder in einem Bruderholztunnel weitergeführt werden. Kostenpunkt, ohne das letzte Teilstück: geschätzte 1,8 Milliarden Franken. Zuviel, finden Linke und Grüne und lancieren deshalb das Referendum, gemeinsam mit diversen Verbänden (siehe Box).

Das Komitee favorisiert nach wie vor die vom Landrat abgelehnte Variante Umbau, welche mit Kosten von geschätzten 800 Millionen Franken deutlich günstiger zu bauen wäre. Der Ausbau sei «Luxus», so die Urheber des Referendums, und «gerade in der aktuellen Finanzlage jenseits aller Realitäten», schreiben sie in einer Mitteilung. Der Autobahnzubringer Allschwil steht indes auch für Links-Grün nicht mehr zur Debatte und wird deshalb auch nicht bekämpft.

«Nach ELBA kommt das Waterloo»

Das Projekt mit dem klingenden Namen ELBA (Entwicklungsplanung Leimental-Birseck-Allschwil) solle aber im Rahmen dessen umgesetzt werden, was sich das Baselbiet finanziell leisten könne, so der Fraktionschef der Grünen, Klaus Kirchmayr. Die verabschiedeten Pläne über 1,8 Milliarden Franken bezeichnet er als «komplett unseriös». Tatsächlich lassen die Finanzen des Landkantons keine grossen Sprünge zu. Die Bürgerlichen gewichten die Staus auf den Strassen der Agglomeration aber derart stark, dass die Frage nicht primär laute, ob der Ausbau zu finanzieren sei, sondern lediglich wie dies zu geschehen habe. Allerdings: Dazu schwieg sich der Landrat bisher aus.

Gleichzeitig wird in Liestal bereits die nächste Sparrunde vorbereitet. Kathrin Schweizer, Fraktionspräsidentin der SP, sagte deshalb, der Strassenausbau-Beschluss ohne zugehörige Finanzierung drohe in einem finanzpolitischen Fiasko zu enden. Dem Kanton könne es ergehen, wie einst Napoleon: «Nach ELBA kommt das Waterloo», erklärte Schweizer in Anspielung auf Napoleons Rückkehr aus der Verbannung. Der französische Kaiser hatte 1815 erneut nach der Macht gegriffen – nur um diese wenige Monate später in der Schlacht bei Waterloo wieder zu verlieren. Das System Napoleon war endgültig gescheitert.

Nun sind starke Sprüche zur Lancierung eines Referendums keine Seltenheit. Schweizer rechnete aber vor, dass Investitionskosten in die teure Ausbauvariante auch abgeschrieben werden müssen. Sie geht dabei von jährlich knapp 50 Millionen Franken aus, die in den Finanzplan des Kantons aufgenommen werden müssen – über einen Zeitraum von 40 Jahren. Zahlen, die angesichts der Defizite, die Baselland aktuell ausweist, tatsächlich Fragen offen lassen. Bei den favorisierten Umbauplänen der bestehenden Strassen kommen zwar ebenfalls hohe Kosten auf den Kanton zu, diese dürften aber überschaubarer ausfallen. Schweizer rechnet in einer ersten Schätzung mit etwa 20 Millionen Franken jährlich.

Strassenausbau und Sparpaket am selben Abstimmungssonntag?

Die 1500 Unterschriften gegen die Ausbaupläne des Landrats dürfte das Komitee ohne Weiteres zusammenbringen. Das Referendumskomitee pokert darauf, dass auch das Stimmvolk einem so teuren Infrastruktur-Vorhaben nicht zustimmen wird. Im besten Fall für Links-Grün fällt das Referendum über den Strassenausbau mit einer Abstimmung über ein erneutes Sparpaket zusammen. Das Sparen könnte dann als Sparen für die Strassentunnels im Süden Basels propagiert werden. Entsprechende Hoffnungen wurden am Donnerstag in Liestal bereits geäussert. Tatsächlich könnte es im kommenden Februar zu dieser Situation kommen, weil die Landeskanzlei den Abstimmungstermin im November zugunsten der nationalen Wahlen gestrichen hat.

Allerdings ist derzeit noch völlig unklar, ob die Sparbemühungen des Landkantons überhaupt in eine neuerliche Abstimmung münden. Denkbar ist etwa, dass die Baselbieter Regierung beschliesst einzelne Entlastungsmassnahmen vorzulegen. Gegen diese müsste dann einzeln und eben nicht im Paket das Referendum ergriffen werden. Wann es in der Folge zu Abstimmungen kommen wird, ist noch völlig offen. Die Baselbieter Regierung will am 8. Juli über das weitere Vorgehen in Sachen Sparpolitik informieren, erklärte Regierungssprecher Nic Kaufmann gegenüber der Tageswoche.

Ob das Referendum über den Ausbau der Strassen nun angenommen wird oder nicht: Teuer wird die Verkehrsplanung der kommenden Jahre und Jahrzehnte für den Landkanton so oder so. Und nachdem Liestal einer Unterstützung der Basler Osttangente bereits eine Absage erteilte, dürfte in Basel-Stadt das Portemonnaie nicht gerade locker sitzen für grosszügige Beiträge an den Strassenausbau auf Baselbieter Boden. Einen Vorgeschmack dazu ist eine Äusserung von Verkehrsdirektor Hans-Peter Wessels: Im Zusammenhang mit dem Autobahnzubringer Allschwil erklärte er, Basel-Stadt werde sich an den Kosten nicht beteiligen.

Im Referendumskomitee sind die Grünen, die SP, die GLP, sowie die Juso und das Junge Grüne Bündnis. Auch der VCS, Pro Velo und Pro Natura engagieren sich im Komitee. Für das Sammeln der 1500 Unterschriften bleiben noch sieben Wochen.

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