Referendum in Syrien von Gewalt begleitet

Die syrische Führung hat am Sonntag das von der Opposition scharf kritisierte Verfassungsreferendum ungeachtet neuer massiver Gewalt gegen Zivilisten abgehalten. Mindestens 130 Menschen wurden am Wochenende laut Menschenrechtlern getötet.

Trotz Unruhen und Demonstrationen stimmt Syrien über eine neue Verfassung ab (Bild: sda)

Die syrische Führung hat am Sonntag das von der Opposition scharf kritisierte Verfassungsreferendum ungeachtet neuer massiver Gewalt gegen Zivilisten abgehalten. Mindestens 130 Menschen wurden am Wochenende laut Menschenrechtlern getötet.

Das Internationale Komitee vom Rote Kreuz (IKRK) bemühte sich weiter um Zugang zu den seit mehr als drei Wochen eingeschlossenen Zivilisten, Rebellen und Journalisten im Stadtteil Baba Amro der Stadt Homs, wo die Lage immer prekärer wird.

An eine Teilnahme am Referendum war dort wie auch vielen anderen umkämpften Städten nicht zu denken. „Worüber sollen wir abstimmen? Ob wir durch Bombardierung oder durch Kugeln getötet werden? Das ist die einzige Wahl, die wir haben“, sagte Regierungsgegner Walid Fares im Viertel Chalidija.

In Häusern gefangen

„Wir sind seit 23 Tagen in unseren Häusern gefangen. Wir können nicht raus, ausser in ein paar Gassen.“ Märkte, Schulen und Regierungsgebäude seien geschlossen. Auf den Strassen sei kaum etwas los wegen der Scharfschützen. Im Stadtteil Baba Amro gebe es seit drei Tagen nichts mehr zu essen und kein Wasser. Ganz Homs müsse 18 Stunden am Tag ohne Strom auskommen.

Im Internet war ein Video zu sehen, das den Arzt Mohammed al-Mohammed in einer provisorischen Klinik in Baba Amro zeigte. Er hielt einen Blut spuckenden 15-Jährigen mit einer Schrapnell-Wunde am Hals im Arm. „Es ist spät in der Nacht und Baba Amro wird immer noch bombardiert. Wir können für diesen Jungen nichts tun“, sagte der Arzt.

Die syrische Führung hat erklärt, sie bekämpfe vom Ausland unterstützte Terroristen. Es ist schwierig, Angaben der Behörden oder der Opposition unabhängig zu überprüfen, da Syrien die Arbeit von Journalisten einschränkt.

In Homs befinden sich immer noch zwei westliche Journalisten, die kürzlich beim Bombardement der Stadt verletzt wurden. Zwei Berufskollegen von ihnen starben. Das IKRK erklärte, es verhandle weiter mit Behörden und Opposition, um zu den Hilfsbedürftigen in Baba Amro zu gelangen.

Boykottaufruf

Ungeachtet der Gewalt hielt die Regierung das umstrittene Referendum in ruhigeren Landesteilen ab. In Damaskus kamen Dutzende, um für Assad zu stimmen.

Die syrische Opposition hatte zu einem Boykott aufgerufen. Sie wirft Assad vor, sich den Anschein zu verleihen, auf die Proteste des Volks einzugehen, während er in Wirklichkeit seine Macht zementiere. Ausserhalb der Hauptstadt sowie in den Krisenregionen blieben die Menschen laut Augenzeugen den Wahlurnen eher fern.

Die Syrer sollen darüber abstimmen, ob ein Artikel aus der Verfassung gestrichen wird, der Assads Baath-Partei bislang die Alleinherrschaft garantiert.

Nächster Artikel