Ungeachtet eines Boykottaufrufs des früheren Staatschefs Ali Abdullah Saleh ist in Jemen eine neue Regierung vereidigt worden. Präsident Abd Rabbo Mansur Hadi nahm am Sonntag in der Hauptstadt Sanaa 30 Ministern den Amtseid ab.
Darunter waren auch Mitglieder der Regierungspartei Allgemeiner Volkskongress, die dem Boykottaufruf ihres Parteivorsitzenden Saleh nicht folgten. Auf Betreiben Salehs verlor Präsident Hadi seine Führungsposten im Volkskongress.
Das neue Kabinett aus insgesamt 36 Ministern war am Freitag vorgestellt worden. Bei der Vereidigung im Präsidentenpalast waren sechs Minister abwesend – drei waren im Ausland, drei weitere Minister hatten ihren Verzicht erklärt.
Die neue Regierung soll gemäss eines von den Vereinten Nationen vermittelten Friedensvertrags das Land aus der politischen Dauerkrise führen. «Die grösste Herausforderung ist, das Land zu retten», sagte der alte und neue Regierungschef Chalid Bahah und forderte alle Konfliktparteien auf, mit der neuen Regierung zu kooperieren.
Sanktionen gegen Saleh
Die am 21. September vereinbarte Regierungsbildung hatte sich verzögert, weil die schiitischen Huthi-Milizen ihren im Sommer begonnenen Eroberungsfeldzug im Süden und Westen des Landes fortsetzten.
Die USA vermuten hinter den Huthi-Rebellen, die auch die Hauptstadt kontrollieren, den nach blutigen Protesten im Februar 2012 gestürzten Saleh. Dieser wolle Unsicherheit stiften, um schliesslich selbst wieder in das Präsidentenamt zurückzukehren, hiess es aus Washington.
Auf Antrag der USA verhängte der UNO-Sicherheitsrat am Freitag Strafmassnahmen gegen Saleh und zwei Anführer der Huthi-Rebellen. Ihre Guthaben im Ausland wurden eingefroren und ihre Visa-Rechte eingeschränkt.
Hadi aus Parteiführung entlassen
Saleh bezichtigte seinen Nachfolger im Amt des Staatspräsidenten hinter den Sanktionen zu stecken. Hadi wurde deshalb am Samstag von den Posten des Vizepräsidenten und des Generalsekretärs des Allgemeinen Volkskongresses entlassen.
Die Parteiführung forderte zudem alle für die Expertenregierung nominierten Minister auf, ihre Posten nicht anzutreten. Die Parteiführung fühlte sich nach eigener Darstellung bei der Regierungsbildung übergangen.
Dennoch leisteten am Sonntag auch Politiker des Volkskongresses ihren Amtseid. Die Partei scheint in die Lager Saleh und Hadi gespalten zu sein.
Die Huthi-Rebellen erklärten, das neue Kabinett bedeute einen «Bruch des Friedensplans». Sie warfen mehreren nominierten Ministern vor, korrupt oder unfähig zu sein, und forderten deren Entlassung.
Die Huthi-Rebellen sind zwar nicht direkt in dem neuen Kabinett vertreten, aber sechs Minister sollen der Schiiten-Miliz zumindest nahestehen. Einige davon sollen Augenzeugen zufolge am Sonntag ebenfalls ihren Amtseid geleistet haben.
Dutzende Tote bei Doppelanschlag
Indes erschütterten neue Gewaltakte das Land an der Südspitze der arabischen Halbinsel. Das Al-Kaida-Netzwerk bekannte sich am Samstag zu einem Doppelanschlag im Zentrum des Landes, bei dem seinen Angaben zufolge dutzende Huthi-Kämpfer getötet wurden. Auch Stammesvertreter sprachen von dutzenden Todesopfern.