Die Regierungskrise in Österreich ist beigelegt. In einem politischen Kraftakt haben sich die SPÖ und ÖVP nach Angaben von Vizekanzler Reinhold Mitterlehner auf die Fortsetzung ihrer Zusammenarbeit geeinigt und damit Neuwahlen verhindert.
Dem Schritt waren fünftägige, höchst intensive Verhandlungen vorangegangen. Grundlage der weiteren Zusammenarbeit für die nächsten 18 Monate bis zum regulären Wahltermin im Herbst 2018 soll ein Arbeits-Pakt mit gemeinsamen Projekten auf verschiedenen Politikfeldern sein.
Die Einigung wurde am Sonntag nach acht Stunden abschliessenden Verhandlungen erzielt. Inhalte werden erst nach der Zustimmung in den jeweiligen Gremien am Montagmorgen kommuniziert.
Mitterlehner sprach lediglich von einem «relativ umfangreichen und guten Programm». Auch die Finanzierung sei geklärt, versicherte Finanzminister Hans Jörg Schelling von der ÖVP.
Offen gelassen wurde von Mitterlehner, ob nun alle Minister – wie von der SPÖ gefordert – das Papier unterzeichnen müssen. Man gehe hier Schritt für Schritt vor.
Zunächst würden einmal die Gremien der beiden Parteien tagen. Später werde es auch einen eigenen Ministerrat geben, wo das ganze Paket als Vorlage eingebracht werde. Mit der Einigung konnten vorgezogene Neuwahlen verhindert werden. Regulärer Wahltermin ist im Herbst 2018.
Kerns Ultimatum
Die seit Ende 2013 regierende rot-schwarze Koalition war nach einem Ultimatum von Bundeskanzler Christian Kern von der SPÖ in der vergangenen Woche in ihre bisher tiefste Krise geschlittert. Der Regierungschef hatte mit dem Ende der Zusammenarbeit gedroht, sollten sich die Bündnispartner nicht endlich zu einem konstruktiven Miteinander durchringen.
Grundsätzlich ging es nach den Worten von Kern darum, dass die bisher oft zerstrittene Koalition endlich als Team auftritt. «Mit den Auseinandersetzungen, die wir uns in der Vergangenheit geliefert haben, mit diesem doch ziemlich unwürdigen Schauspiel, auch der gegenseitigen Bezichtigungen, muss Schluss sein», hatte der Regierungschef gefordert.
Die Regierungspartner hatten trotz mehrfacher Ankündigung eines «Neustarts» nicht zu einer effektiven Zusammenarbeit gefunden. Daran hatte auch der Kanzlerwechsel von Werner Faymann zu Christian Kern (beide SPÖ) im Mai 2016 nichts geändert.
FPÖ mit guten Wahlchancen
Viele Bürger geben der oft zerstrittenen rot-schwarzen Koalition schlechte Noten. Die Alpenrepublik, ein Land mit extrem hoher Steuer- und Abgabenquote, hat im europaweiten Vergleich in den vergangenen Jahren an Attraktivität als Standort eingebüsst.
Die Einigung auf einen Neustart der Koalition hält die rechte FPÖ zumindest vorerst von der Macht fern. Bei Neuwahlen hätten die in Umfragen führenden Rechtspopulisten, die Demoskopen sehen sie bei 29 bis 34 Prozent, gute Chance auf den Kanzlerposten gehabt.
In den acht Monaten seit dem Amtsantritt von Kern haben die Sozialdemokraten ihr Stimmungstief verlassen und rangieren ihrerseits laut Umfragen bei 26 bis 29 Prozent.
Bei den Nationalratswahlen im September 2013 hatten SPÖ und ÖVP trotz starker Stimmenverluste noch einmal mit zusammen 50,8 Prozent die Mehrheit der Mandate errungen. Die grosse Koalition ist bisher in Österreich die weitaus häufigste Regierungs-Variante.