Auch am zweiten Tag der schwierigen Konsultationen für eine neue Regierung in Italien hat sich noch keine Lösung abgezeichnet. Staatspräsident Giorgio Napolitano sprach am Donnerstag mit den Spitzen aller Bündnisse und Parteien und will am Freitag bekanntgeben, wen er mit der Regierungsbildung beauftragt.
«Ich muss meine Ideen ordnen, um zu sehen, welches die beste Entscheidung ist», sagte er nach dem Treffen mit Pier Luigi Bersani und den anderen Spitzen des Mitte-Links-Lagers am Abend in Rom.
Bersani bekräftigte erneut seine Bereitschaft, eine neue Regierung zu bilden. «Ich fühle, und meine Partei fühlt Verantwortung, etwas für dieses Land zu tun», sagte er. Sein Ziel sei es, eine Regierung zu bilden, die wirklichen Wandel verspreche und ernsthafte Schritte für Reformen unternehme.
Bersanis Bündnis hatte bei den Wahlen Ende Februar im Abgeordnetenhaus eine stabile Mehrheit erhalten, braucht aber in der zweiten Kammer, dem Senat, einen Koalitionspartner zum Regieren.
Das Mitte-Rechts-Lager des früheren Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi sprach sich nach dem Treffen mit Napolitano für eine grosse Koalition mit dem Mitte-Links-Bündnis aus. «Wir sind bereit», sagte Berlusconi. «Hoffen wir, dass wir Kurs auf eine starke Regierung nehmen.» Eine solche Zusammenarbeit hatte Bersani stets ausgeschlossen.
«Fünf Sterne» beansprucht Regierungsbildung
Mehr als drei Wochen nach dem Patt bei den italienischen Parlamentswahlen hatten am Mittwoch die Konsultationen zur Bildung einer neuen Regierung begonnen.
Die überraschend erfolgreiche Bewegung «Fünf Sterne» (M5S) des Populisten Beppe Grillo – sie wurde stärkste Einzelpartei – beanspruchte am Donnerstag den Auftrag zur Regierungsbildung für sich und schloss eine Beteiligung an jeder anderen Koalition aus.
«Die M5S wird weder einer politischen noch einer Pseudo-Experten-Regierung zustimmen», sagte Grillo nach dem Treffen mit Napolitano. Allerdings würden die «Grillini» für jeden Gesetzentwurf stimmen, der ihrem Programm entspricht. Die Bewegung hatte sich geweigert, Bersani das Vertrauen auszusprechen.
Auch der am Sonntag neu gewählte Senatspräsident Pietro Grasso war im Gespräch für die Bildung einer neuen Regierung. «Wenn ich etwas für mein Land tun kann, bin ich zum allem bereit», sagte der frühere Mafiajäger, der für die Demokratische Parteivon Bersani im Senat sitzt.