Seit 2001 sind insgesamt 56 Personen aus der Schweiz ausgereist, um sich am «heiligen Krieg» zu beteiligen. 16 dieser so genannten Dschihad-Reisenden sind inzwischen möglicherweise in die Schweiz zurückgekehrt.
Das zeigt eine am Freitag veröffentlichte Erhebung des Nachrichtendienst des Bundes (NDB). Seit Oktober verzeichnete der Nachrichtendienst vier neue Fälle, drei weitere wurden als unbestätigt von der Liste gestrichen.
32 der Dschihad-Reisenden begaben sich gemäss NDB nach Syrien und in den Irak, 24 nach Afghanistan, Pakistan, Jemen oder Somalia. Sechs von ihnen sind tot, die übrigen reisen entweder in den Konfliktgebieten herum oder sind in die Schweiz zurückgekehrt.
Die Zahl der Rückkehrer hat der Nachrichtendienst gegenüber den Zahlen vom Oktober um eine Person nach unten korrigiert. Bisher konnte erst ein einziger Fall bestätigt werden, bei den übrigen 15 Personen konnte entweder die dschihadistische Motivation nicht nachgewiesen werden oder der Aufenthaltsort ist nicht bekannt. Der NDB gehe den unbestätigten Fällen weiterhin nach, heisst es in der Mitteilung.
Andere Länder stärker betroffen
Im Mai 2013 hatte der Nachrichtendienst bekannt gegeben, dass seit 2001 etwa 20 Dschihad-Reisende aus der Schweiz in Konfliktzonen gereist sind. Im Mai 2014 erhöhte sich diese Zahl auf 40, im letzten Oktober auf 55.
Gemäss einer Mitteilung des Bundesamts für Polizei (fedpol) hat das Phänomen dschihadistisch motivierter Reisen seit Anfang Jahr eine «noch nie dagewesene Dimension» erreicht. Die Schweiz sei aber in geringerem Ausmass betroffen als andere Länder.
Auch Jacques Repond, stellvertretender Chef der Bundeskriminalpolizei, spricht gegenüber der Nachrichtenagentur sda von einer «ernsten Lage». Die Situation sei aber nicht die gleiche wie in Frankreich oder Dänemark. Repond leitet die neu gegründete Task Force zur Bekämpfung dschihadistisch motivierter Reisen.
Dieser gehört die im Juni eingesetzte Arbeitsgruppe an, in welcher neben dem fedpol der NDB, die Bundesanwaltschaft, das Departement für auswärtige Angelegenheiten, das Grenzwachtkorps, das Bundesamt für Migration und die Konferenz der kantonalen Polizeikommandantinnen und Polizeikommandanten vertreten sind. Neu beteiligen sich zudem das Bundesamt für Justiz und die Flughafenpolizei Zürich an den bereits laufenden Arbeiten.
Neue Massnahmen
Primäres Ziel ist es nach Angaben des fedpol, Dschihad-Reisende an der Ausreise und an der Begehung von Straftaten in Konfliktgebieten zu hindern. In der Task Force tauschen die beteiligten Behörden ihre Informationen aus und koordinieren die Anstrengungen im Kampf gegen den Dschihad-Tourismus. Daneben hat die Gruppe den Auftrag, einen Massnahmenkatalog für die operativen Behörden zu erarbeiten, wie das fedpol schreibt.
«Wir definieren, welche Massnahmen bereits vorhanden sind und welche wir noch brauchen», sagte Repond. Dabei würden fünf Phasen unterschieden: Radikalisierung, Reise in Konfliktregionen, Einsatz, Rückkehr und die Zeit nach der Rückkehr. In gewissen Bereichen gibt es laut dem Task-Force-Leiter schon heute gute Instrumente.
Dank der Überwachung des Internets habe der Nachrichtendienst des Bundes beispielsweise Möglichkeiten in der Phase der Radikalisierung. Auch das fedpol könne Vorermittlungen durchführen. Noch lägen aber selten genügend klare Hinweise vor, dass eine Person zu einer Reise entschlossen sei, sagte Repond.