Die zweite Jahreshälfte 2015 dürfte in die Annalen eingehen: Sie war stellenweise so trocken wie noch fast nie seit Beginn der systematischen Niederschlagsmessungen vor gut 150 Jahren. Zu diesen Rekordstationen gehören der Säntis aber auch Zürich.
Auf dem Säntis fielen bis jetzt rund 100 Millimeter weniger Niederschlag als im Jahre 1933, das bis jetzt die trockenste zweite Jahreshälfte auswies, wie SRF Meteo am Mittwoch mitteilte. In Zürich regnete es seit dem 1. Juli nur gerade 258 Millimeter. Der Trockenheitsrekord liegt dort bei 268 Millimeter und datiert von 1864.
SRF Meteo geht zwar davon aus, dass es in Zürich bis Ende Jahr noch regnen oder schneien wird und deshalb der Trockenheitsrekord nicht geknackt wird. Den zweiten Platz wird die zweite Jahreshälfte 2015 in Zürich jedoch ziemlich sicher belegen: Bislang belegte die zweite Jahreshälfte 1949 den zweiten Rang mit 344 Millimeter Regen.
«Fast überall auf der Alpennordseite gehört das zweite Semester 2015 zu den fünf trockensten. Ähnlich trocken war es nur 1864, zu Beginn der 1920er-Jahre des letzten Jahrhunderts und Ende der 40er und anfangs der 50er-Jahre», hält SRF Meteo in seiner Mitteilung fest.
Trockengebiete ohne Rekorde
Auffallend ist hingegen, dass die bekannten Trockengebiete in der Schweiz «weit weg von Rekorden entfernt» sind. Im Wallis, konkret Sitten, verzeichnet das elft-trockenste Jahr. Auch das Engadin als zentralalpines Trockental verzeichnet keine Rekordtrockenheit: Dort liegt das zweite Semester 2015 nur auf Platz 48. «Oder in anderen Worten: In jedem dritten Jahr ist es im Oberengadin noch trockener als jetzt.»
Dafür ist es im Tessin und in Südbünden seit Oktober staubtrocken. Seit dem 28. Oktober hat es etwa in Ascona nicht mehr geregnet. An den meisten anderen Standorten im Tessin gab es am 3. November nochmals etwas Niederschlag, meist aber weniger als einen Millimeter. Seither ist es aber auch dort trocken.
Daher herrscht im Zentral- und Südtessin wie auch im Bünderischen Bergell, Misox und Calancatal, im Puschlav und San Bernardino seit Wochen immer wieder grosse Waldbrandgefahr.
Wenig Wasser in Flüssen und Seen
Gemäss SRF Meteo fehlt derzeit nicht nur der Niederschlag. Die sommerliche Hitze trocknete zusätzlich die Böden aus. Der feuchte Frühling und das Mai-Hochwasser sorgten zu Beginn des Sommers für einen hohen Grundwasserspiegel «von dem viele Gebiete noch lange zehren konnten», schreibt SRF Meteo.
Doch die Wasserstände von Flüssen und Seen sind tief. Bei etwa einem Fünftel der hydrometrischen Messstationen im Jura und im Mittelland wurden Mitte November Wassermengen registriert, wie sie statistisch gesehen weniger als einmal in 10 Jahren zu erwarten sind. Einzelne Bäche und Flussabschnitte, wie beispielsweise der Oberlauf der Töss im Kanton Zürich fielen gar vollständig trocken, wie das Bundesamt für Umwelt (BAFU) Anfang Dezember vermeldete.
Fische in kleinen Gewässern im Stress
Die Niederschläge von Ende November entspannten die Lage etwas, dennoch führen Flüsse und Seen unterdurchschnittlich Wasser, wie Severin Gassmann vom Bundesamt für Umwelt (BAFU) auf Anfrage erklärte. Der tiefe Wasserstand sei allerdings für die Jahreszeit nicht ausserordentlich und derzeit auch kein Problem für die Vegetation.
Für die Fische kann es allerdings prekär werden, wie das BAFU Ende November mitteilte. Fische – insbesondere Forellen -, die für die Fortpflanzung kleinere Fliessgewässer aufsuchen, haben Probleme, wenn geeignete Laichgründe trocken fallen. Lokal – etwa im Baselbiet bei Tecknau – mussten Gewässer bereits ausgefischt werden.
Auch der Wasserstand des Grundwassers ist unterdurchschnittlich – im Mittelland gar tief. Auch hier ist kein Alarmismus angezeigt. Aber auf den Frühling hin, wenn das Wachstum beginnt, sollten die Reservoirs wieder aufgefüllt sein, sagte Gassmann. Aussergewöhnlich ist für den Experten insbesondere die lange Dauer der Trockenheit.