Die USA schlagen wegen der zunehmenden Vertreibung von religiösen Minderheiten Alarm. Besonders besorgt zeigte sich die Regierung in Washington über die Lage der Christen im Nahen Osten.
«In fast jedem Winkel der Erde mussten Millionen von Christen, Muslimen, Hindus und Angehörige einer Reihe anderer Glaubensgemeinschaften wegen ihrer religiösen Überzeugungen ihre Heimat verlassen», heisst es im am Montag veröffentlichten Bericht des US-Aussenministeriums zum Stand der Religionsfreiheit.
Im vergangenen Jahr habe «die grösste Vertreibung religiöser Gemeinschaften der jüngeren Vergangenheit» stattgefunden, heisst es weiter. Bedroht seien die Christen im Nahen Osten. Angesichts des Bürgerkriegs in Syrien und dem Erstarken der Islamisten im Irak werde das Christentum in der Region «zu einem Schatten seiner selbst», warnte das US-Aussenministerium.
Hunderttausende syrische Christen seien vor der «von Regierungstruppen und Extremisten gleichermassen verübten Gewalt» aus dem Land geflohen. In der Stadt Homs hätten einst 160’000 Christen gelebt, nun liege die Zahl nur noch bei etwa tausend.
Sunnitische Fanatiker wüten am brutalsten
Die christliche Gemeinde im Irak schrumpfte in den vergangenen Jahren um 300’000 Mitglieder. Den Schätzungen zufolge lebten zuletzt noch 500’000 Christen im Irak. Der Bericht war allerdings verfasst worden, bevor tausende Christen vor den Todesdrohungen der sunnitischen Fanatiker der Terrorgruppe Islamischer Staat aus der nordirakischen Stadt Mossul flüchteten.
Das US-Aussenministerium hob hervor, dass ausserdem schiitische Muslime besonders stark von Attacken des sunnitischen Terrornetzwerks Al-Kaida und anderer radikaler Gruppen betroffen seien.
Ägypten und Myanmar gerügt
Auch in Ägypten seien mehrfach Kirchen sowie Häuser und Geschäfte von Christen angegriffen, ausgeplündert und angezündet worden, heisst es im Bericht weiter. «Von Islamisten angeführte Meuten haben vor allem in Oberägypten Gewaltakte mit Vertreibungen und Bestrafungen von Christen verübt.»
Ebenfalls mit grosser Sorge betrachtete das US-Aussenministerium die blutigen Auseinandersetzungen zwischen Christen und Muslimen in Zentralafrika, die mehr als eine Million Menschen in die Flucht trieben.
Ausserdem erwähnt der Bericht die anhaltende Gewalt gegen die muslimische Minderheit der Rohingya in Myanmar, wegen der seit 2012 mehr als 140’000 Menschen ihre Dörfer verlassen mussten. Auch wenn die Regierung in Myanmar die Menschenrechte mittlerweile stärker achte, gebe es weiter «organisierte Hassreden» und «Diskriminierungen», um aus den Differenzen zwischen Buddhisten und Muslimen politisches Kapital zu schlagen.
Auch in Europa steigt die Intoleranz
Im diesjährigen Bericht stellte Washington erneut eine Reihe von Regierungen wegen starker Einschränkungen der Religionsfreiheit an den Pranger.
Vor allem Nordkorea steche mit «seinem absoluten Verbot religiöser Organisationen und harschen Strafen für nicht erlaubte religiöse Aktivitäten» negativ hervor. Auch in China, Kuba und Saudi-Arabien sowie im Iran und im Sudan könnten Menschen ihren Glauben nicht frei ausüben.
Das US-Aussenministerium kritisierte auch den Anstieg von Antisemitismus und Islamfeindlichkeit in Europa. Dies zeige, «dass Intoleranz nicht auf Länder mit aktiven Konflikten begrenzt ist».