Rentner in Griechenland sollen Gürtel enger schnallen

Unter dem Druck von landesweiten Streiks und Protesten und mit einem drohenden Staatsbankrott vor Augen kämpft die griechische Regierung einmal mehr um ein milliardenschweres Sparprogramm. Dieses trifft vor allem die Rentner.

Protestierende Rentner in Athen (Symbolbild) (Bild: sda)

Unter dem Druck von landesweiten Streiks und Protesten und mit einem drohenden Staatsbankrott vor Augen kämpft die griechische Regierung einmal mehr um ein milliardenschweres Sparprogramm. Dieses trifft vor allem die Rentner.

Nach mehrmonatigen Verhandlungen mit den Geldgebern präsentierte das griechische Finanzministerium am Montagabend die harten Sparmassnahmen, die in den nächsten Jahren gelten sollen. Pensionen und Renten sollen um 5 bis 25 Prozent gekürzt, Weihnachtsgelder endgültig abgeschafft werden. Bislang bekamen Rentner und Staatsbedienstete 400 Euro Weihnachtsgeld.

Ausserdem werden die Gehälter der Direktoren in staatlichen Unternehmen und entsprechenden Stellungen um 20 Prozent gekürzt. Gekürzt werden auch die Löhne von Richtern und Militärs. Auch die Abfindungen im Falle von Entlassungen werden zusammengestrichen.

Höheres Rentenalter, weniger Kindergeld

Das Rentenalter wird von 65 auf 67 Jahre angehoben. Alternativ kann jemand mit 62 Jahren Rente beziehen, wenn er 40 Jahre gearbeitet und in dieser Zeit in die Rentenversicherung eingezahlt hat. Familien, die mehr als 18’000 Euro im Jahr verdienen, sollen kein Kindergeld mehr erhalten.

Das neue Sparpaket soll an diesem Mittwoch vom Parlament in Athen gebilligt werden. Ist diese Hürde trotz Abweichlern in den eigenen Reihen genommen, muss auch noch das Budget am kommenden Sonntag gebilligt werden.

Die neuen Sparmassnahmen mit einem Volumen von 13,5 Milliarden Euro sind Voraussetzung dafür, dass Griechenland von der Geldgeber-Troika aus EU, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) spätestens bis zum 16. November weitere Finanzhilfen erhält.

Öffentliches Leben lahmlegen

Aus Protest gegen das neue Sparpaket begannen am Montag in Griechenland umfangreiche Streiks. Weder Radio noch Fernsehen sendeten Nachrichten, weil die meisten Journalisten ihre Arbeit niederlegten.

Tausende Menschen kamen zu spät zur Arbeit. In Athen fuhren weder U-Bahnen noch Strassenbahnen. Auch die Taxifahrer traten in einen 24-stündigen Streik. Die Spitalärzte behandelten nur Notfälle. Auch die Mitarbeiter der Müllabfuhr legten ihre Arbeit nieder.

Am Dienstag und Mittwoch werden die Streiks dann voraussichtlich das gesamte öffentliche Leben lahmlegen. Dann wollen auch die Bankangestellten, die Seeleute, die Bahngewerkschaft und die Busfahrer sowie die Staatsbediensteten und die Lehrer streiken.

Am Dienstag wird es wegen eines Fluglotsenstreiks zwischen 09.00 Uhr und 12.00 Uhr (MEZ) zu erheblichen Verspätungen im Flugverkehr kommen. Die Proteste sollen am Mittwochabend mit einer Demonstration vor dem Parlamentsgebäude in Athen ihren Höhepunkt erreichen. Zu diesem Zeitpunkt entscheidet das Parlament über das neue Sparprogramm.

Samaras warnt vor Chaos

Regierungschef Antonis Samaras warnte am Sonntag, dass Griechenland ins Chaos stürzen werde, sollten die Massnahmen nicht gebilligt werden. Der Sozialist Evangelos Venizelos forderte seine Abgeordneten auf, das Sparpaket zu billigen.

Der kleinere Koalitionspartner dagegen – die Demokratische Linke – will sich allen Anzeichen nach beim Votum am Mittwochabend der Stimme enthalten. Auch einige sozialistische Abgeordnete kündigten an, sie wollten gegen das Sparprogramm stimmen.

Griechische Medien spekulierten, dass bei der Entscheidung am Mittwochabend höchstens 155 bis 156 Abgeordnete dem Sparpaket zustimmen werden. Im Juni hatte die Regierungskoalition eine klare Mehrheit von 179 Abgeordneten im 300-köpfigen Parlament.

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