Italiens Premier Matteo Renzi, dessen Kabinett zur Hälfte aus Frauen besteht, hat bei der Frage der Frauenquote eine Abfuhr vom Parlament bekommen. Bei einer Geheimabstimmung lehnte die Abgeordnetenkammer am Montagabend einen Artikel seines Wahlmodells «Italicum» ab.
Gegen den Artikel, wonach Wahllisten zu 50 Prozent mit Frauen besetzt werden, stimmten 335 Abgeordnete, dafür sprachen sich 227 Parlamentarier aus. Die Geheimabstimmung hatten 39 Parlamentarier beantragt.
Zuvor hatte die Abgeordnete der oppositionellen Mitte-Rechts-Partei Forza Italia, Laura Ravetto, trotz des Widerstands ihrer Partei zur Frauenquote die Kolleginnen aufgerufen, sich in Weiss zu kleiden, um sich so für die Chancengleichheit im Wahlgesetz starkzumachen. Dem Appell folgten Parlamentarierinnen aller Lager.
Die Präsidentin der Abgeordnetenkammer, Laura Boldrini, und 90 Parlamentarierinnen hatten vergangene Woche nachdrücklich für die Frauenquote plädiert. «Die in der italienischen Verfassung verankerte Chancengleichheit erreicht man auch mit einem neuen Wahlgesetz», warnte Boldrini. Man dürfe diese Reformgelegenheit nicht verfehlen.
Erste Verteidigungsministerin
Premier Renzi hatte vor zwei Wochen ein Kabinett vorgestellt, das zur Hälfte aus Frauen besteht, was für die bisher männerdominierten italienische Verhältnisse fast revolutionär erscheint. Dabei übernahmen Frauen in Rom wichtige Schlüsselämter und nicht wie in den vergangenen Jahren irrelevante Ministerien ohne Portefeuille.
Erstmals hat Italien jetzt eine Verteidigungsministerin. Die 52-jährige Sozialdemokratin Roberta Pinotti zog als erste Frau in der Geschichte des Landes ins Verteidigungsministerium ein.
Neues Wahlrecht
Nachdem das alte Wahlrecht für verfassungswidrig erklärt wurde, braucht Italien dringend ein neues Wahlgesetz. Laut Renzis Wahlrechtsmodell soll die Wahlliste respektive Koalition, die mindestens 37 Prozent der Stimmen schafft, eine Mehrheitsprämie von 18 Prozent erhalten.
Mehr als 340 Sitze (das entspricht 55 Prozent) soll es aber durch die Prämie nicht geben. Ausserdem sollen die Parteien dazu verpflichtet werden, ihre Listen zu 50 Prozent mit Frauen zu besetzen. Vorgesehen sind kleine Wahlkreise, in denen maximal sechs Parlamentssitze vergeben werden.