Der Florentiner Bürgermeister Matteo Renzi soll neuer italienischer Regierungschef werden. Staatspräsident Giorgio Napolitano beauftragte den 39-jährigen Chef der Demokratischen Partei (PD) nach einem Gespräch mit der Kabinettsbildung, wie das Präsidialamt mitteilte.
Nach seiner Nominierung versprach Renzi, seine «gesamte Energie» einzusetzen, um Italien zu reformieren. Am (morgigen) Dienstag werde er offizielle Konsultationen zur Regierungsbildung aufnehmen, sagte Renzi am Montag.
Medienberichten zufolge streckte er bereits die Fühler zu prominenten Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Kultur aus, um seine Regierungsmannschaft zu komplettieren. So soll Renzi dem früheren Regierungschef und Ex-Kommissionspräsident Romano Prodi das Finanzministerium angeboten haben. Prodi bestritt jedoch Interesse an einem Einstieg in Renzis Regierung.
Eine Absage erhielt Renzi auch vom Geschäftsführer des Brillenherstellers Luxottica, Andrea Guerra, der als Industrieminister gehandelt wurde.
Renzi wäre der jüngste Ministerpräsident, den die italienische Republik je hatte und auch der jüngste unter den EU-Staats- und Regierungschefs. Er hatte vergangene Woche den bisherigen Amtsinhaber Enrico Letta, der ebenfalls der PD angehört, in einem parteiinternen Machtkampf zum Rücktritt gezwungen.
Bonino und Alfano sollen bleiben
Dem Vernehmen nach will Renzi einige Minister aus dem Kabinett Letta übernehmen. So soll Aussenministerin Emma Bonino auf Wunsch von Präsident Napolitano im Amt bleiben. Auch Innenminister Angelino Alfano könnte sein Ressort behalten, sollte die von ihm angeführte Mitte-Rechts-Partei NDC die Regierungskoalition unterstützen.
Renzi will laut weiteren Gerüchten einige junge Mitglieder seines PD-Gremiums in das neue Kabinett hieven. Seine enge Mitarbeiterin Maria Elena Boschi soll zur Reformministerin avancieren. Renzis Sprecher Lorenzo Guerrini könnte Staatssekretär werden. Zum Staatssekretär sollte der PD-Spitzenpolitiker und scheidende Regionenminister Graziano Delrio aufrücken, wie italienische Medien berichteten.
Rücksicht auf Koalitionspartner
Beim Tauziehen um die Ministerposten wird sich der neue Premierminister mit den Koalitionspartnern messen und die Machtverhältnisse im Regierungsbündnis berücksichtigen müssen. So soll Renzis PD mindestens fünf Minister stellen.
Die Zentrumspartei Scelta Civica und die verbündete «Popolari per l’Italia» fordern jeweils einen Ministerposten, Alfanos NCD beansprucht zumindest zwei Ministersessel. Nicht auszuschliessen ist, dass auch Experten die Regierungsmannschaft ergänzen könnten.
Dem Parlament will sich Renzi mit einem ambitionierten Programm vorstellen, das Italiens lahmer Wirtschaft neuen Schwung verleihen und in Italien eine neue Phase der Reformen in die Wege leiten soll.
Neben der Verabschiedung seines Wahlrechtsmodells «Italicum» will Renzi vor allem auf Einsparungen bei den Kosten der Politik setzen. Das Parlamentssystem mit zwei gleichberechtigten Kammern, das als blockadeanfällig gilt, will er dringend reformieren.
Noch ist Renzi nur nominiert. Um an die Spitze der italienischen Regierung zu rücken, muss er in beiden Kammern des Parlaments eine Vertrauensabstimmung bestehen.