Je höher die Zuwanderung, desto mehr restriktive Initiativen zur Ausländer- und Asylpolitik wird es geben: Diesen Schluss zieht eine Studie über Abstimmungen zum Themenkomplex Zuwanderung.
Eine weitere Zunahme der Zuwanderung in die Schweiz dürfte die Erfolgschancen von restriktiven Initiativen zur Ausländer- und Asylpolitik weiter erhöhen. Zu diesem Schluss kommt eine Auswertung von Abstimmungsergebnissen aus den letzten fünf Jahrzehnten.
Die beiden Ökonomen Beatrice Brunner von der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften in Winterthur und Andreas Kuhn vom Eidgenössischen Hochschulinstitut für Berufsbildung in Zollikofen BE haben ihre Analyse in der jüngsten Ausgabe der Zeitschrift «Volkswirtschaft» veröffentlicht. Diese wird vom Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) und dem Wirtschaftsdepartement (WBF) veröffentlicht.
Dabei kommen sie aufgrund der Auswertung von 27 nationalen Abstimmungen zum Themenkomplex Zuwanderung von 1970 bis 2010 zum Schluss, dass der Zuwanderung in der Schweiz eher politökonomische als arbeitsmarktökonomische Grenzen gesetzt sind.
Es erscheine denn auch wahrscheinlich, dass eine weitere Zunahme der Zuwanderung in der Schweiz die Erfolgschancen von restriktiven Initiativen im Kontext der Ausländer- und Asylpolitik weiter erhöhen werde.
Eine Mehrheit an restriktiven Stimmen
Der beobachtete Anteil an restriktiven Stimmen im gesamtschweizerischen Durchschnitt habe über die beobachtete Zeit markant zugenommen, nämlich von 40,4 Prozent in den 1970er Jahren auf 52,5 Prozent in den 2010er Jahren. Über denselben Zeitraum habe sich der Anteil an Immigranten und Immigrantinnen in der Schweiz um 5,2 Prozentpunkte von 17,2 Prozent auf 22,5 Prozent erhöht.
Mit grosser Wahrscheinlichkeit hätten bestimmte restriktive Vorlagen erst aufgrund der intensivierten Zuwanderung der letzten Jahrzehnte eine Mehrheit in der Stimmbevölkerung gefunden. Darüber hinaus zeige die Analyse, dass auch die interregionale Mobilität in der Schweiz durch die Zuwanderung beeinflusst werde.
So lasse sich etwa mutmassen, dass die verschiedentlich zu beobachtende höhere Zustimmung zu restriktiveren Vorlagen in den Agglomerationsgemeinden durch selektive Migration aus den Zentren zustande komme.
Zuwanderung vor allem aus anderen Kulturkreisen
Der Anteil an Personen aus kulturell unterschiedlich geprägten Herkunftsländern habe im betrachteten Zeitraum stärker zugenommen als der Ausländeranteil insgesamt. So komme der negative Effekt der Zuwanderung auf die Einstellung gegenüber Migration im Wesentlichen durch Zuwanderung aus solchen Regionen zustande.
Die Autoren interpretieren dieses Ergebnis dahingehend, dass der Effekt der Zuwanderung auf die Einstellungen durch die Beeinflussung der sprachlich-kulturellen Zusammensetzung der Wohngemeinde beziehungsweise der Zusammensetzung von lokal bereitgestellten Gütern zustande komme.
Dazu zähle insbesondere die sprachlich-kulturelle Zusammensetzung von Schulen oder Schulklassen. Diese Interpretation werde durch einen weiteren Befund der Analyse gestützt: Der Effekt der Zuwanderung auf den Anteil an restriktiven Stimmen sei nämlich in denjenigen Gemeinden besonders stark ausgeprägt, welche einen hohen Anteil an schulpflichtigen Kindern aufwiesen.