Nach mehreren Tagen in Dunkelheit und Kälte rückt die Rückkehr ans Tageslicht näher: Die Bergung des in der bayrischen Riesending-Schachthöhle in einer Tiefe von rund 1000 Metern verunglückten Forschers ist nach ermutigenden Arztberichten in die heisse Phase getreten.
Zwei Ärzte behandelten den Verletzten am Donnerstag mit Medikamenten. Der 52-Jährige sei transportfähig, sagte der höhlenerfahrene Arzt Michael Petermeyer. Eine genaue Diagnostik sei zwar nicht möglich. Aber: «Der Patient ist körperlich und psychisch stabil. Das deute ich als extrem positiv.»
Der Verletzte, der seit Jahren die tiefste und längste Höhle Deutschlands erforscht, hatte bei einem Steinschlag am frühen Sonntagmorgen ein Schädel-Hirn-Trauma erlitten, das normalerweise auf der Intensivstation behandelt wird.
Langer Atem nötig
Die Retter sehen einer schweren Aufgabe entgegen. «Es sprengt jede Vorstellung, was eine Rettung aus dieser Tiefe bedeutet», sagte Petermeyer, der selbst in ähnlichen Tiefen war und das Einsatzteam verstärkt. «Es ist extrem verwinkelt, es geht um die Ecke. Es ist schmierig, es ist lehmig, es ist rutschig. Es ist eine Riesenherausforderung, die uns bevorsteht. Wir brauchen alle einen langen Atem.»
Der Aufstieg mit dem Verletzten wird nach Einschätzung der Retter mehrere Tage dauern. Die Riesending-Schachthöhle ist die grösste und tiefste Höhle Deutschlands. Sie besteht aus engen Gängen, über hunderte Meter fast senkrecht abfallenden Kaminen, unterirdischen Wasserläufen und unwegsamen Canyons, die sich über eine Länge von 19 Kilometern erstrecken.
Für zusätzlich Schwierigkeiten sorgen eisige Kälte von lediglich ein bis drei Grad sowie die Risiken durch Wassereinbrüche, die bestimmte Abschnitte der Höhle nach Regenfällen fluten können.
Rettungsteams aus mehreren Ländern
In den vergangenen Tagen waren Höhlenrettungsteams aus Deutschland, der Schweiz, Österreich und Italien am Unglücksort zusammengezogen worden, um den Verletzten zu befreien.
Zur Vorbereitung der Bergung errichteten sie auf verschiedenen Ebenen fünf Biwakstationen für Versorgungspausen, brachten Medikamente und Ausrüstung in den Berg und installierten Tritthilfen sowie Seile für den Abtransport des Verletzten auf seiner Trage.
Insgesamt sind zurzeit sieben internationale Höhlenretter-Teams mit rund 30 Leuten in der Riesending-Schachthöhle unterwegs. Wann und wie genau der Verletzte nach oben gebracht wird, war aber zunächst offen. Sobald alles vorbereitet sei, könne die Aktion starten, hiess es. Die Retter hoffen, dass sie jeden Tag eines der vier auf der Strecke eingerichteten Biwaks erreichen.
Die Einsatzleitung bleibt unterdessen über ein eigens installiertes Funksystem in Kontakt mit den Helfern am Unglücksort in der Tiefe. Draussen steht auch Petermeyer bereit. Er könnte ebenfalls noch absteigen und helfen.