Rettungsarbeiten nach Explosion in Tianjin gehen nur langsam voran

Zwei Tage nach den heftigen Explosionen in der chinesischen Hafenstadt Tianjin werden noch immer viele Menschen vermisst. Mindestens 55 Tote konnten bisher geborgen werden. Die Angst vor gefährlichen Chemikalien erschwert die Suche.

Ein Industriekomplex in Schutt und Asche: Rettungskräfte auf der gefährlichen Suche nach Opfern in der chinesischen Hafenstadt Tianjin. (Bild: sda)

Zwei Tage nach den heftigen Explosionen in der chinesischen Hafenstadt Tianjin werden noch immer viele Menschen vermisst. Mindestens 55 Tote konnten bisher geborgen werden. Die Angst vor gefährlichen Chemikalien erschwert die Suche.

Nach den gewaltigen Detonationen im Hafen der chinesischen Stadt gehen die Rettungsarbeiten nur langsam voran. 13 Feuerwehrleute und eine unbekannte Zahl von Hafenarbeitern werden noch immer vermisst. Neben den zahlreichen Todesopfern und Vermissten ist von mehr als 700 Verletzten die Rede.

Unter den Toten waren mindestens 17 Feuerwehrleute, die zu einem Feuer gerufen wurden, als sich die Explosionen ereigneten. Laut Staatsmedien konnte am Freitagmorgen ein Feuerwehrmann lebend aus den Trümmern des Chemielagers gezogen werden, in dem die Explosionen ihren Ursprung hatten.

Hochexplosives Gas als Auslöser?

Die über 1000 am Einsatz beteiligten Retter müssen äusserst vorsichtig vorgehen, weil noch immer nicht geklärt ist, welche Gefahrenstoffe die Explosion ausgelöst haben und möglicherweise noch austreten können. «Wir wissen nicht sicher, welche Chemikalien es waren», sagte Gao Huaiyou vom Amt für Produktsicherheit von Tianjin.

«Wir wissen auch nicht, welche Mengen es waren.» Die Chemikalien seien nur vorübergehend gelagert gewesen, auch fehlten Dokumentationen. Es könnten jederzeit weitere chemische Reaktionen stattfinden, sagte Tianjins Feuerwehrchef Zhou Tian.

Nach Angaben von ausländischen Experten könnte die Feuerwehr selbst unfreiwillig die Explosionen ausgelöst haben, als sie versuchte, einen Brand in einem Lager für Calciumcarbid mit Wasser zu löschen. Dies führt zur Bildung des hochexplosiven Gases Acetylen.

Ein Vertreter der Feuerwehr sagte, es habe sich um ein grosses Lager gehandelt. Die Feuerwehrleute hätten nicht gewusst, wo genau sich das Calciumcarbid befunden habe.

Regierung kündigt mehr Kontrollen an

217 auf chemische, biologische und nukleare Kampfstoffe spezialisiere Einheiten des Militärs sind seit Donnerstagnachmittag am Unglücksort im Einsatz, wie die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua berichtete. Sowohl Luft als auch Wasserqualität in der Nähe des Unglücksortes würden genau beobachtet, sagten die Behörden am Freitag. Bislang seien die Werte normal.

Wie das Staatsfernsehen berichtete, wurden Sicherheitsbestimmungen nicht eingehalten. Demnach befand sich das Warenlager, in dem sich die Explosionen ereigneten, nur 600 Meter von Wohnhäusern entfernt. Vorgeschrieben sei jedoch mindestens ein Abstand von einem Kilometer.

Die Regierung will deshalb die Lager gefährlicher Chemikalien und Sprengstoffe im ganzen Land untersuchen lassen. Es müssten tiefgreifende Lehren aus der Katastrophe gezogen werden, erklärte der Staatsrat am Freitag. Das Kabinett kündigte an, hart gegen illegale Aktivitäten vorzugehen, um die Sicherheit in der Branche zu verbessern.

Bewohner haben Angst

Nach dem Unglück wurden rund 3500 Obdachlose vorübergehend in zehn Schulen untergebracht. Vizepremier Liu Yandong besuchte die Opfer der Explosionen und sicherte ihnen umfassende medizinische Behandlung zu.

Viele Bewohner zeigten sich besorgt um ihre Sicherheit. «Ich habe wirklich Angst, aber ich weiss gar nicht, wovor ich Angst haben soll, die Regierung hat nichts gesagt, nichts dazu, was wir tun sollten, um unsere Familien vor den Chemikalien zu schützen», sagte der Wachmann eines nahegelegenen Bürogebäudes, Liu Zongguang.

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