Nach der neunten Niederlage im elften Viertelfinal an einer WM war die Enttäuschung im Schweizer Lager riesig. Alle waren sich einig, dass ein Sieg gegen Schweden möglich gewesen wäre.
«Es ist kein einfacher Moment», so der zu den Führungsspielern gehörende Denis Hollenstein nach der 1:3-Niederlage. Reto Raffainer, der Chef sämtlicher Nationalmannschaften, sagte, dass diese Niederlage nicht einfach zu verdauen sei. Die Enttäuschung war insofern umso grösser, als die Schweizer den mit 19 NHL-Spielern angetretenen Schweden alles abgefordert hatten. In den zweiten 20 Minuten waren sie gar überlegen, dennoch schossen die Skandinavier das einzige Tor im Mitteldrittel zu erneuten Führung. Zudem wurde vier Minuten vor dem Ende ein Tor von Dominik Schlumpf nicht gegeben, weil die Partie schon abgepfiffen war. Ein 2:3 hätte vielleicht weitere Kräfte freigemacht.
«Hinten spielten wir solid, vorne erspielten wir uns Chancen. Der Puck wollte heute einfach nicht ins Tor», bilanzierte Hollenstein. Nationaltrainer Patrick Fischer gab zu Protokoll: «Der Unterschied war nicht riesig. Die Schweden erzielten aber im richtigen Moment die Treffer. Das ist im Eishockey extrem wichtig. Das Momentum ist alles. Wenn wir das 2:1 schiessen, dann würde es vielleicht anders aussehen. Aber davon kann man sich nichts kaufen.»
Fischer: «Es war eine grossartige Truppe»
Die Reaktionen sprechen für die Mannschaft, von Stolz über die starken Leistungen an diesem Turnier war wenig zu hören. Die Schweizer glaubten daran, das auf dem Papier übermächtige Schweden zu bezwingen. «Mir tut es für die Spieler am meisten weh», sagte Fischer. «Es war eine grossartige Truppe. Sie hätten das Wochenende in Köln verdient. Für viele wäre es ein Highlight in ihrer Karriere gewesen.»
In der Tat spielten die Schweizer ein Turnier, wie es ihnen nicht viele zugetraut hatten, umso mehr nach dem harzigen Start gegen den späteren Absteiger Slowenien (5:4 n.P. nach 4:0-Führung). Dabei ist nicht in erster Linie der Viertelfinal-Einzug als Erfolg zu werten, sondern die Art und Weise wie sie gegen die Grossen spielten. Gegen die Halbfinalisten Kanada (3:2 n.V.) und Finnland (2:3 n.V.) holten sie drei Punkte, und gegen Tschechien feierten sie einen souveränen 3:1-Sieg. «Den Kredit, den wir nicht hatten, erarbeiteten wir uns», so Fischer. «Es hat Spass gemacht.»
Richtige Schlüsse gezogen
Die Auftritte in Paris lassen für die Zukunft hoffen und zeigen auch, wie gut die NLA ist. Fischers Botschaft, «wir Schweizer müssen an uns glauben», scheint in den Köpfen der Spieler angekommen zu sein. Zudem machte das Team während des Turniers einen Reifeprozess durch, was grosse Mannschaften auszeichnet.
Auch für Fischer selbst war das Turnier ein Befreiungsschlag. Der 41-Jährige zog die richtigen Schlüsse aus dem 11. Platz vor einem Jahr in Moskau, als er erstmals an einer WM die Verantwortung inne hatte. Er passte das System dahingehend an, dass die Balance zwischen Defensive und Offensive stimmte. Hilfreich dabei war, dass mit dem schwedischen Assistenten Tommy Albelin ein ausgewiesener Verteidigungsspezialist verpflichtet worden war.
Schwachpunkt Powerplay
Somit können Fischer und sein Staff nun in aller Ruhe weiterarbeiten. Schliesslich dauert es bis zum nächsten grossen Ziel, den Olympischen Spielen 2018 in Pyeongchang, nur noch neun Monate. Sind dort tatsächlich keine NHL-Spieler dabei, steigen die Chancen der Schweizer.
Wo es anzusetzen gilt, ist nach dieser WM auch klar: im Powerplay. «Da müssen wir den Unterschied machen. Das fehlte in diesem Jahr», sagte Fischer und fuhr fort: «Wenn man etwas vorwerfen kann, ist das, dass wir zu oft das Tor nicht treffen. Zudem sind wir bei den Abprallern zu wenig bissig. Da müssen wir aggressiver hingehen.» Auch das Spiel mit der Scheibe müsse noch besser werden, allerdings lerne man das nicht von heute auf morgen.
Raffainer attestierte Fischer, das Optimum aus der Mannschaft herausgeholt zu haben. Allerdings müsse das jedes Mal das Ziel sein, betonte er. Er hofft, dass die in Paris gemachten Erfahrungen helfen, nun regelmässig die Viertelfinals zu erreichen. Denn das ist ganz klar das Ziel.