Der als Versuch lancierte risikoorientierte Vollzug von Strafen und Massnahmen bewährt sich. Ziel ist es, das Rückfallrisiko von Gewalt- und Sexualstraftätern zu senken. Zentral sind eine konstante Zusammenarbeit aller Beteiligten und eine vertiefte Risikoabklärung.
Der «Risikoorientierte Sanktionenvollzug» (ROS) wurde 2010 in den Kantonen Zürich, Thurgau, St. Gallen und Luzern als Versuch lanciert. Inzwischen ist er abgeschlossen und wird in diesen Kantonen seit Mai 2013 in den Regelbetrieb einbezogen. Am Dienstag informierten die Behörden in Zürich.
Das Modell basiert auf dem Grundsatz, dass sich der Straf- und Massnahmenvollzug auf die Rückfallprävention und die soziale Wiedereingliederung stützen soll. Es wurde im Zusammenhang mit einem Postulat der Walliser CVP-Nationalrätin Viola Amherd lanciert, welche die Überprüfung des Straf- und Massnahmenvollzugs forderte.
Vertiefte Abklärung
In einer Triage werden jene Delinquenten identifiziert, bei denen eine genauere Abklärung von Gefährlichkeit und Rückfallrisiko angezeigt ist. Hier werden auch Delinquenten erfasst, die bisher durch die Maschen schlüpften, weil sie nicht leicht als Hochrisiko-Täter erkennbar waren. Die Abklärungen nehmen forensische Psychologen vor, die dann Empfehlungen für den Vollzug abgeben.
Dieser wird von A bis Z von einer Fachperson koordiniert. Veränderungen des Risikopotenzials fliessen in den Vollzug ein. ROS bezieht das gesamte Netzwerk von Fachleuten, Institutionen und Behörden in eine gemeinsame Strategie ein. Die Schnittstellen sind damit entschärft.
Während des gesamten Vollzugs besteht eine inhaltliche Konstanz und es wird eine «gemeinsame Sprache» festgelegt. So weiss jeder, wovon der andere spricht. Die Gefahr von Missverständnissen sinkt.
Zu früh für Erfolgskontrolle
Eine Erfolgskontrolle gibt es noch nicht. Dazu ist es zu früh. Erst Jahre nach der Entlassung eines Täters kann man beurteilen, ob er rückfällig wird. Der Versuchsverlauf aber wurde wissenschaftlich begleitet und ausgewertet. Nach Ansicht des Bundesamtes für Justiz ist das Modell zukunftsweisend und für die ganze Schweiz bedeutsam.
Es soll jetzt schrittweise innerhalb der drei Schweizer Strafvollzugskonkordaten eingeführt werden. Eine entsprechende IT-Lösung wird entwickelt. Vorgesehen ist, dass jedes Konkordat über eine Fachstelle für ROS-Abklärungen verfügt. Die Verantwortung für den einzelnen Fall bleibt jedoch beim jeweiligen Kanton.
Insgesamt kostete der von 2010 bis 2013 in den vier Kantonen laufende Versuch 7,5 Millionen Franken. Daran zahlte der Bund 2,4 Millionen. Der Kanton Zürich führte die Abklärungen im Auftrag der Partnerkantone durch. Diese beteiligten sich ebenfalls an den Kosten.