Cristiano Ronaldo, der Matchwinner bei Portugals Halbfinal-Sieg gegen Wales, könnte seine Karriere mit dem EM-Titel krönen. Wales-Trainer Chris Coleman traut den Portugiesen den grossen Wurf zu.
Fernando Santos wollte an der Pressekonferenz keine Gratulationen entgehen nehmen. Der portugiesische Trainer stellte klar, dass sie am Sonntag nicht nach Paris reisen, um den Final zu spielen, sondern um diesen zu gewinnen. Auch im 13. Pflichtspiel unter der Leitung des 61-Jährigen blieb Portugal beim 2:0 gegen Wales in Lyon ungeschlagen. «Wir hatten uns kurz nach meiner Ankunft ein Ziel gesetzt, und das haben wir nun erreicht», so Santos.
Für Wales-Trainer Chris Coleman bedeutete der erste Treffer des Abends durch Cristiano Ronaldo in der 50. Minute die Vorentscheidung. «So, wie das Spiel lief, war klar, dass die Mannschaft, die in Führung geht, einen Schub erhalten wird.» Sie hätten fünf Minuten die Konzentration verloren. Etwas, dass man sich auf diesem Level nicht leisten könne, so Coleman, der seine Mannschaft nach dem fantastischen Turnier aber nicht kritisieren wollte.
Gescheitert war der Aussenseiter an einem besseren Gegner, der allerdings auch bei seinem sechsten Auftritt in Frankreich nicht restlos zu überzeugen vermochte. Coleman traut dem Aussenseiter im Final den Sieg aber durchaus zu. «Sie sind nicht nur Cristiano Ronaldo. Sie haben einen Plan, sie haben ein System, an das sie sich halten. Und sie haben einen sehr guten Zusammenhalt», sagte der 46-Jährige. Nicht die besseren Spieler würden einen Final gewinnen, sondern die bessere Mannschaft. «Und Portugal ist eine Mannschaft.»
Die Portugiesen präsentierten sich in der Defensive auch ohne den verletzten Pepe erneut sehr solid und liessen kaum eine Torchance zu. Im Mittelfeld verzeichneten sie ein spielerisches Übergewicht, und mit Cristiano Ronaldo hatten sie den entscheidenden Mann in ihren Reihen. Der Superstar machte wieder einmal den Unterschied, nachdem er zuletzt gegen Kroatien und gegen Polen diskrete Leistungen gezeigt hatte. «Ich bin sehr stolz auf die Mannschaft», sagte der «Man oft the Match» nach der Partie. Nicht viele hätten Portugal vor dem Turnier den Final-Einzug zugetraut. «Aber so ein Turnier ist kein 100-m-Sprint, sondern ein Marathon», so der Captain. Sie hätten vom Final geträumt und diesen nun erreicht. «Lasst uns also weiter träumen.»
Ronaldo könnte am Sonntag mit dem Titel seine einmalige Karriere krönen. Er war englischer Meister, spanischer Meister, gewann dreimal die Champions League, war dreimal Weltfussballer des Jahres und mehrmals Torschützenkönig, einen Titel mit Portugal hat er aber noch nie gewonnen. Mehrmals war er nahe dran, am nächsten vor zwölf Jahren, als er noch ein Teenager war und nach der 0:1-Niederlage gegen Griechenland im Final der Heim-EM in Lissabon bittere Tränen weinte.
2006 scheiterte Portugal im WM-Halbfinal an Frankreich, 2008 im EM-Viertelfinal an Deutschland, 2012 im EM-Halbfinal im Penaltyschiessen an Spanien. «Ich habe immer davon geträumt, mit Portugal einen Titel zu gewinnen», so Ronaldo. «Ich hoffe, wir sind nun an der Reihe.»