Nicht ganz sicher, aber fast: Der Schweizer Chefdiplomat Yves Rossier will eine EU-konforme Umsetzung der SVP-Zuwanderungsinitiative erst ausschliessen, wenn alle Möglichkeiten geprüft worden sind. Allerdings hält auch Rossier das Unterfangen für schwierig.
Yves Rossier, der Schweizer Chefdiplomat, will eine EU-konforme Umsetzung der SVP-Zuwanderungsinitiative erst ausschliessen, wenn alle Möglichkeiten geprüft worden sind. Auch Rossier hält dies allerdings für schwierig.
Er habe den Eindruck, dass es schwierig sei, die geforderte Kontingentierung der Einwanderung umzusetzen, ohne das Personenfreizügigkeitsabkommen mit der EU zu verletzen, sagte Rossier am Samstag in Interviews mit mehreren Medien.
Definitiv festlegen wolle er sich aber nicht: «Ich will noch keine Antwort geben, bevor ich nicht sicher bin, dass sie zu 100 Prozent stimmt. Wir analysieren.»
Konfrontiert mit den deutlichen Aussagen des Bundesrates vor der Abstimmung, wonach die Initiative nicht mit dem Vertrag mit der EU vereinbar sei, sagte Rossier: «Die Ausgangslage ist nicht vergleichbar.» Was jetzt gesagt werde, könne Folgen haben. «Darum müssen wir alle Aspekte geprüft haben.»
«Längere Phase der Unsicherheit»
Es könnte laut Rossier noch eine längere Phase der Unsicherheit geben, bis klar ist, ob es die EU ernst meint mit ihrer Haltung, es gebe keinen Spielraum für Verhandlungen. Im Mai werde ein neues EU-Parlament gewählt, später eine neue EU-Kommission, sagte Rossier. «Es wird vielleicht Monate geben, während deren wir nicht einmal einen Gesprächspartner haben.»
Die Hoffnungen auf eine rasche Lösung dämpft Rossier, indem er auf die nötige Einigkeit in der EU hinweist: Nach Verhandlungen müssten sämtliche 28-EU-Staaten mit einer allfälligen Lösung einverstanden sein, gibt Rossier zu bedenken. Es sei immer möglich, dass ein neuer Einwand auftauche.
«Direkt betroffen vom Volksentscheid sind im Wesentlichen unsere vier Nachbarländer Deutschland, Frankreich, Italien und Österreich», sagte Rossier. Für die übrigen Staaten habe das Dossier keine Priorität. «Die Herausforderung ist es, diesen 24 Staaten zu vermitteln, dass die Beziehungen zur Schweiz wichtig sind.»
Kroatien zuerst
Für die nächste Zeit kommt laut Rossier der Lösungssuche im Kroatien-Dosser eine Schlüsselfunktion zu. «Finden wir für Kroatien keine Lösung, bleiben die Verhandlungen über die Weiterführung des Forschungsabkommens und das Studentenaustauschprogramm Erasmus+ sistiert», sagte er.
Staatssekretär Rossier weilte nach eigenen Angaben in der vergangenen Woche in Kroatien, um über die Erwartungen der Kroaten und über «alle denkbaren Optionen» zu diskutieren. Rossier lässt sich allerdings nicht in die Karten blicken, welche Lösungen die Schweiz mit Kroatien konkret anvisiert werden. Dafür sei es zu früh.
Rossier gab in einem wahren Interviewmarathon Auskunft zu den Umsetzungsarbeiten zur SVP-Initiative, die das Volk am 9. Februar angenommen hatte. Ein Interview mit der Nummer Zwei im Aussendepartement erschien an Samstag in den Zeitungen Blick, Der Bund, Tages-Anzeiger, 24 Heures sowie Tribune de Genève.