Die ehemalige Nachtclubtänzerin Karima al-Mahrough alias Ruby, die im Mittelpunkt eines Prozesses gegen den früheren italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi steht, kann sich an vieles nicht mehr so gut erinnern, wie sie vor Gericht sagte.
«Ich weiss nicht» oder «ich erinnere mich nicht», das waren am Freitag häufige Antworten Rubys in einem Mailänder Nebenprozess um die Feste in Berlusconis Villa Arcore. So konnte sie dem Staatsanwalt auch nicht die Frage beantworten, ob sie in einer März-Nacht 2010 allein oder mit anderen jungen Frauen in der Berlusconi-Villa übernachtet hat.
Die heute 20-jährige Ruby, die in Begleitung ihres Lebensgefährten Luca Rizzo erschien, sagte aus, sie sei vom Starjournalisten Emilio Fede zu Berlusconi begleitet worden. Sie habe Fede, einen engen Vertrauten Berlusconis, bei einem Schönheitswettbewerb auf Sizilien kennengelernt.
Frühere Aussagen in Verhören nannte Ruby «Dummheiten». Sie will auch nie einer Freundin gesagt haben, es sei zum Sex mit dem damaligen Regierungschef gekommen.
Sie könne es sich nicht erklären, warum sie Wahres und Falsches in ihren Aussagen vermengt habe. Jedenfalls habe sie von Berlusconi auch keine Millionen erhalten, sondern nur mit solchen Summen prahlen wollen.
Ruby sagte am Freitag als Zeugin der Verteidigung vor Gericht aus. Sie wurde vom Mailänder Staatsanwalt Antonio Sangermano bei einem Verfahren gegen drei Vertrauensleute Berlusconis befragt, die in Zusammenhang mit dem sogenannten Fall Ruby wegen Beihilfe zur Prostitution vor Gericht stehen.
Sechsjährige Haftstrafe für Berlusconi gefordert
Berlusconi ist angeklagt, weil er mit der Marokkanerin Sex gehabt haben soll, als diese noch minderjährig war. Der 76-Jährige soll zudem seine Beziehungen genutzt haben, damit die Polizei sie nach einer Festnahme wegen Diebstahls im Jahr 2010 freilässt.
Staatsanwältin Ilda Boccassini hatte vor zwei Wochen für Berlusconi eine sechsjährige Haftstrafe und den lebenslangen Ausschluss aus allen öffentlichen Ämtern gefordert. Ruby hatte eine sexuelle Beziehung zu Berlusconi bisher stets bestritten. Sie habe lediglich Geld und Geschenke von ihm angenommen.
Berlusconi muss sich seit April 2011 wegen der mutmasslichen Affäre mit Ruby vor Gericht verantworten. Boccassini wirft der Verteidigung Berlusconis vor, mit Ablenkungsmanövern das Urteil herauszuzögern. Mit einem Urteil im Prozess ist am 24. Juni zu rechnen.
Morddrohung gegen Staatsanwältin
Im Zusammenhang mit dem Ruby-Prozess erhielt Boccassini Morddrohungen, wie die Staatsanwaltschaft in Mailand laut der italienischen Nachrichtenagentur ANSA am Donnerstag mitteilte. Die prominente Mailänder Staatsanwältin habe in den vergangenen Wochen zahlreiche anonyme Drohbriefe erhalten sowie einen Umschlag, der neben einer Morddrohung zwei Geschosspatronen enthielt.
Gehäuft hätten sich die Drohschreiben, seitdem Boccassini sechs Jahre Haft und einen lebenslangen Ausschluss aus allen öffentlichen Ämtern für Berlusconi gefordert hatte. Im jüngsten und deutlichsten Drohbrief mit den beigefügten Pistolenkugeln sei der Ruby-Prozess auch explizit erwähnt worden.