Rückblick 1954: Taumelnd zwischen Torpfosten

Mit der WM 1954 wird primär das «Wunder von Bern» assoziiert. Wundersames geschah indes zuvor auch am Genfersee – zum Leidwesen der Schweiz.

Österreicher Goalie Schmied mit Parade gegen Uruguay (Bild: SI)

Mit der WM 1954 wird primär das «Wunder von Bern» assoziiert. Wundersames geschah indes zuvor auch am Genfersee – zum Leidwesen der Schweiz.

Nie stand die Schweiz bei einer WM näher an einer Halbfinal-Qualifikation als vor 60 Jahren im eigenen Land. In der als «Hitzeschlacht von Lausanne» in die Annalen eingegangenen Viertelfinal-Partie ging die Equipe von Coach Karl Rappan gegen Österreich trotz früher 3:0-Führung als Verlierer vom Platz. 5:7 lautete am Ende das Skore im torreichsten Spiel der WM-Geschichte, wodurch nicht der dreifache Schweizer Torschütze Seppe Hügi zum Matchwinner wurde, sondern Österreichs Torhüter Kurt Schmied.

Schon in der ersten Halbzeit erlitt der Wiener auf der Lausanner Pontaise bei 40 Grad im Schatten einen Sonnenstich und irrte in der Folge in einem tranceähnlichen Zustand zwischen den Torpfosten umher. Da Auswechslungen von der FIFA erst 13 Jahre später zugelassen wurden, musste ÖFB-Masseur Josef Ulrich eingreifen. Er versorgte den taumelnden Schmied nicht nur mit Wasser und kühlenden Schwämmen, sondern dirigierte ihn hinter dem Tor stehend.

Nachdem er während der Pause bewusstlos zusammengebrochen war, musste Schmied in der zweiten Halbzeit nur noch den zwischenzeitlichen Anschlusstreffer zum 5:6 durch Hügi hinnehmen. Erinnern konnte sich der Goalie nach der Partie an nichts mehr: «Alle anderen haben mir später immer in den höchsten Tönen vorgeschwärmt, was das für ein grossartiges Spiel war.»

Ohne Schmied unterlag Österreich vier Tage später dem nachmaligen Weltmeister Deutschland 1:6. Am Ende resultierte der 3. WM-Rang.

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