Rückblick 1998: Zinédine Zidane – Pure Magie

Er sorgte in erster Linie für Genuss, in einem düsteren Moment aber auch für kollektive Unruhe: Zinédine Zidane, der leise und teils unberechenbare Star-Künstler der französischen Weltmeister-Auswahl.

Zinédine Zidane am Ball im gewonnenen WM-Final 1998 gegen Brasilien (Bild: SI)

Er sorgte in erster Linie für Genuss, in einem düsteren Moment aber auch für kollektive Unruhe: Zinédine Zidane, der leise und teils unberechenbare Star-Künstler der französischen Weltmeister-Auswahl.

Der Dokumentar-Filmer Stéphane Meunier begleitete die «Equipe tricolore» während der Endrunde im eigenen Land auf Schritt und Tritt. In einer Sequenz zeigt er Zidane, wie er auf dem Hotelbett liegt und entspannt ein Liedchen singt. «Zizou» philosophierte: «Wir haben etwas Gutes gemacht. Jetzt können wir etwas Grosses und dann vielleicht etwas ganz Grosses schaffen. Ich spüre die Kraft in mir.»

Die Aufnahme entstand vor dem Viertelfinal gegen Italien. Zidane kehrte in jener Partie zurück. Zuvor musste der Regisseur zwei Sperren verbüssen, weil wieder einmal die dunkle Seite zum Vorschein gekommen war. Der Mann mit der sanften Stimme war trotz teilweise verklärender Darstellung nie ein «Fussball-Buddha». Zum sensiblen Maestro gehörte immer auch der Jähzorn.

Schon in der Banlieue von Marseille, im Quartier La Castellane, hat sich Zidane nie vor der offenen Konfrontation versteckt. Der eleganteste und raffinierteste französische Kicker seit Michel Platini fand zwar primär an der Souplesse Gefallen, aber bei Bedarf bekämpfte die Nummer 10 die Konkurrenten mit allen Mitteln.

Den fatalen Tritt gegen einen Saudi in der Gruppenphase verziehen ihm die Anhänger, weil er beim Penalty-Erfolg im Derby gegen Italien die Nerven nicht verlor und das Team im Halbfinal gegen Kroatien (2:1) zusammen mit seinem langjährigen Juve-Weggefährten Didier Deschamps ins Endspiel führte. Die Nation war dank des Sohns nordalgerischer Einwanderer auch im wichtigsten Ballsport gross.

«Les Yeux dans les Bleus» – so benannte Meunier seinen cineastischen Blick hinter die Kabinentür. Nach der Hälfte des Finals führten die Franzosen 2:0. Zidane hatte mit seiner Kopfball-Doublette alle entzückt. Saint-Denis bebte. Und der Hauptdarsteller? Zidane lag tiefentspannt auf dem entblössten Rücken. Das Wort führte während der Pause Deschamps, «Zizou» hörte nur zu – er war für anderes verantwortlich, für die pure Magie.

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