Erstmals in der Geschichte Rumäniens stürzt eine Regierungskoalition in einer offenen Abstimmung ihren eigenen Ministerpräsidenten. Sorin Grindeanu muss nach nur sechs Monaten gehen, weil er seinem vorbestraften Parteichef nicht mehr gefolgt ist.
An der Abstimmung nahmen am Mittwoch nur die regierenden Sozialdemoraten (PSD) und ihr Juniorpartner, die Allianz der Liberalen und Demokraten (ALDE), teil. Ihr Misstrauensantrag gegen Grindeanu (PSD) erhielt 241 Ja-Stimmen und 10 Nein-Stimmen. 213 Parlamentsmitglieder stimmten nicht ab.
PSD-Chef Liviu Dragnea begründete seinen Vorstoss damit, dass die Regierung ihre vor der Parlamentswahl abgegebenen Versprechen nicht eingelöst habe. Eine Fortsetzung dieser Politik sei nicht zu verantworten.
Nach der Abstimmung lud der konservative Staatspräsident Klaus Iohannis die Parteienvertreter für kommenden Montag zu Beratungen über einen neuen Regierungschef ein. Dieser muss sich nach seiner Nominierung einer Vertrauensabstimmung im Parlament stellen.
Nicht mehr der Justiz unterordnen
Mit Grindeanus Absetzung steht der bisher sehr entschiedene Antikorruptionskurs des EU-Landes erneut infrage. Grund für Grindeanus Absetzung nach einem knappen halben Jahr Amtszeit war Beobachtern zufolge dessen Weigerung, das Korruptionsstrafrecht zu lockern – zum Ärger des PSD-Chefs Liviu Dragnea. Dieser darf nicht selbst Regierungschef werden, da er vorbestraft ist.
Allerdings will Dragnea als Parteichef die Regierung kontrollieren. Grindeanu hatte im Januar dieses Jahres auf Druck Dragneas eine Eilverordnung erlassen, die die Verfolgung des Amtsmissbrauchs erschwert hätte. Nach wochenlangen massiven Strassenprotesten zog Grindeanu diese Verordnung zurück.
Dragnea steht zudem wegen Beihilfe zum Amtsmissbrauch vor Gericht. Dass es ihm darum geht, das bisher strenge Vorgehen der Justiz gegen korruptionsverdächtige Politiker zu stoppen, signalisierte Dragnea selbst am Mittwoch. In der Parlamentsdebatte stellte er rhetorisch die Frage, ob denn Rumänien bis in alle Ewigkeit Gefangener der Justiz bleiben wolle, die sich nicht zur Wahl stelle.