Kämpfer der radikal-islamischen Taliban haben in einem Schulkomplex in der pakistanischen Millionenstadt Peshawar ein Blutbad angerichtet. 141 Menschen – die meisten Kinder und Jugendliche – kamen laut Armeeangaben ums Leben, mindestens ebenso viele wurden verletzt.
Etwa 130 weitere Menschen wurden bei der Attacke auf die vom Militär betriebene Schule verletzt, wie der Informationsminister der Provinz Khyber-Pakhtunkhwa, Mushtaq Ghan, mitteilte. Andere offizielle Quellen berichteten von über 250 Verletzten.
Es wurde befürchtet, dass die Zahl der Toten weiter steigt. Mehrere Dutzend Menschen erlitten Schussverletzungen; ihr Gesundheitszustand war kritisch. Bis zum Abend wurden viele Opfer beigesetzt.
Dramatische Szenen
Die Extremisten waren am Vormittag in die vom Militär betriebene Schule eingedrungen und hatten etwa 500 Schüler und Lehrer als Geiseln genommen. Augenzeugen berichteten von einer riesigen Explosion. Die fünf oder sechs Angreifer seien von Klassenzimmer zu Klassenzimmer gestürmt und hätten auf Schüler und Lehrer geschossen.
Die Armee stürmte darauf den Schulkomplex, um die Geiselnahme zu beenden. Im Fernsehen war zu sehen, wie Soldaten Schüler in Sicherheit brachten.
Kinder in ihren Schuluniformen mit grünen Pullovern über der traditionellen Kleidung rannten verängstigt ins Freie. Blutüberströmte Schüler und Lehrer wurden aus der Schule getragen. Verzweifelte Eltern drängten sich um die Ambulanzen und hinter Absperrungen vor der Schule und den Notaufnahmen der Spitäler.
Etwa fünfeinhalb Stunden später waren fünf Angreifer tot. Laut Provinzgouverneur Pervez Khattak tötete sich einer der Rebellen selbst durch eine Bombe. Er sagte, die Extremisten hätten Uniformen der paramilitärischen Grenzschützer.
«Sollen unseren Schmerz fühlen»
Zum Anschlag bekannte sich die Rebellenbewegung Tehreek-e-Taliban Pakistan (TTP). Die Attacke sei die Rache für eine im Juni gestartete Militäroffensive in den Stammesgebieten, erklärte Taliban-Sprecher Muhammad Khorasani der Nachrichtenagentur AFP.
«Wir haben die Armee-Schule für den Angriff ausgewählt, denn die Regierung geht gegen unsere Familien und Frauen vor», sagte er. «Sie sollen unseren Schmerz spüren.» Die Angreifer hätten aber den Auftrag gehabt, gezielt ältere Schüler zu töten, keine Kinder.
Bei der Armeeoffensive gegen Rebellenhochburgen vor allem in Nord-Waziristan wurden seit Juni mehr als 1600 Rebellen getötet, wie aus einer AFP-Zählung auf Grundlage von Militärmitteilungen hervorgeht.
Pakistans Premierminister Nawaz Sharif sprach von einer «von Wilden entfesselten nationalen Tragödie». «Dies waren meine Kinder. Dies ist mein Verlust. Dies ist der Verlust der Nation», erklärte Sharif. Er ordnete eine dreitägige Staatstrauer an.
Die Militäraktionen gegen die Taliban würden trotz des Anschlags fortgesetzt, betonte er. Kurz darauf flog die Luftwaffe zehn Angriffe in der Provinz Khyber-Pakhtunkhwa, offenbar als Vergeltungsmassnahme.
Anschlag weltweit verurteilt
Der Angriff löste international Empörung aus. Bundespräsident Didier Burkhalter verurteilte den Anschlag nachdrücklich, wie das Eidg. Departement für Auswärtige Angelegenheiten (EDA) mitteilte. Es sei durch nichts zu rechtfertigen.
Der Generalsekretär der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC), Ijad Amin Madani, sprach von einem «entsetzlichen und sinnlosen terroristischen Angriff». Wer im Namen des Islam solche Gewalt verübe, habe mit dieser Religion nichts zu tun.
Selbst die Taliban in Afghanistan verurteilten den Anschlag. Die absichtliche Tötung unschuldiger Menschen, Kinder und Frauen verstosse gegen die Grundlagen des Islam, erklärte ein afghanischer Taliban-Sprecher.
US-Präsident Barack Obama erklärte in Washington: «Indem sie bei dieser abscheulichen Attacke Schüler und Lehrer zur Zielscheibe gemacht haben, haben die Terroristen erneut gezeigt, wie verdorben sie sind.» Er bekräftigte die Unterstützung seines Landes für die pakistanische Regierung im Kampf gegen den Terrorismus. Auch Indien verurteilte die Tat.
UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon bezeichnete den Anschlag als «furchterregend» und «abscheulich». An einer Sitzung des UNO-Sicherheitsrats sagte Ban, «die Herzen der Welt gehören den Eltern und Familien der Opfer».