Im Rahmen der flankierenden Massnahmen zum freien Personenverkehr Schweiz-EU sind im vergangenen Jahr rund 42’000 Betriebe und 164’000 Personen auf die Einhaltung von Lohn- und Arbeitsbedingungen kontrolliert worden. Die Beanstandungen nehmen zu.
Im Vergleich zum Vorjahr hat die Zahl der Kontrollen zwar um sechs Prozent abgenommen, das Kontrollniveau war aber eines der höchsten seit 2008, wie das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) am Donnerstag bekanntgab. Die Zahl der durchgeführten Kontrollen lag deutlich über der Mindestvorgabe der Entsendeverordnung von 27’000 Kontrollen pro Jahr.
36 Prozent aller entsandten Arbeitnehmenden sowie 32 Prozent der selbständig erwerbenden Dienstleistungserbringer aus der EU/EFTA wurden auf die Einhaltung der in der Schweiz geltenden Lohn- und Arbeitsbedingungen kontrolliert. Zudem wurden etwa sieben Prozent aller Schweizer Arbeitsstätten überprüft. Die Kontrollen wurden in allen Regionen und Branchen durchgeführt.
Mehr Beanstandungen bei Firmen ohne GAV
Bei den Schweizer Unternehmen, deren Arbeitsbedingungen nicht durch einen Gesamtarbeitsvertrag (GAV) festgelegt sind, wurden in den Jahren 2015 und 2016 20’714 Kontrollen durchgeführt. Dabei wurde in 2159 Fällen Lohndumping festgestellt, was einem Anteil von zwölf Prozent entsprach. In der vorangegangenen Periode 2013/2014 lag dieser Anteil noch bei neun Prozent.
Die paritätischen Kommissionen, welche die Einhaltung der allgemeinverbindlich erklärten Gesamtarbeitsverträge (ave GAV) durch Entsendebetriebe überprüfen, wurden 2016 bei 25 Prozent der 7444 Betriebskontrollen Verstösse gegen die Lohn- und Arbeitsbestimmungen festgestellt. 2015 hatte der Anteil der Beanstandungen noch bei 27 Prozent gelegen. Den fehlbaren Betriebe wurden insgesamt 1429 Konventionalstrafen auferlegt. Mit einem Anteil von 35 Prozent war vor allem der Bausektor stark betroffen.
Die kantonalen tripartiten Kommissionen deckten in der Periode 2015/2016 bei 11’044 Kontrollen von Entsendebetrieben 1387 Fälle von Unterbietungen der üblichen Löhne auf. Dies entsprach einem Anteil von 16 Prozent gegenüber 13 Prozent in der Periode 2013/2014.
Die Vollzugsorgane überprüften auch den Erwerbsstatus von 7000 selbständigen Dienstleistungserbringern aus der EU. Dabei wurde bei sechs Prozent der kontrollierten Personen eine Scheinselbständigkeit vermutet. Die Anzahl Geldbussen, die ausgesprochen werden, wenn der Status der Selbstständigkeit nicht belegt werden kann, belief sich auf 729 und die Anzahl verhängter Arbeitsunterbrüche auf 93. Diese Arbeitsunterbrüche betrafen vor allem die Kantone Genf und Bern.
Aufstockung der Kontrollen
Der Bundesrat will den Vollzug der flankierenden Massnahmen zur Einhaltung von Lohn- und Arbeitsvorschriften weiter verbessern. So soll die Mindestzahl der Kontrollen um 30 Prozent auf 35’000 pro Jahr erhöht werden. Die Gewerkschaften hatten sogar eine Aufstockung auf 50’000 Kontrollen gefordert.
Insgesamt sollen die Vorgaben für die Kontrollorgane verschärft und vereinheitlicht werden. Neu sollen diese dem SECO unter anderem eine risikobasierte Strategie vorlegen müssen. Für verschieden Bereiche werden Mindeststandards für die Kontrollen festgelegt.
Die flankierenden Massnahmen waren 2004 parallel zur Personenfreizügigkeit eingeführt worden. Sie sollen verhindern, dass die Löhne unter Druck geraten, weil keine vorgängige Kontrolle von Lohn- und Arbeitsbedingungen mehr durchgeführt wird.
Die flankierenden Massnahmen sind bereits mehrmals revidiert worden. So wurden 2012 neue Massnahmen zur Bekämpfung von Scheinselbständigkeit erlassen. Vergangenes Jahr erhöhte das Parlament die Sanktionen von 5000 auf 30’000 Franken.