Rund um die drei Gipfel des Wildstrubel

«Von Mordor wieder runter ins Auenland», fasst die Begleitung den fünftägigen Hüttentrek um die drei Gipfel des Wildstrubel zusammen. Fährt auf jeden Fall in die Glieder, diese abwechslungsreiche Herbstwanderung zwischen Bern und Wallis.

Oben angekommen: Col de Schwarzhorn.

(Bild: Andreas Schneitter)

«Von Mordor wieder runter ins Auenland», fasst die Begleitung den fünftägigen Hüttentrek um die drei Gipfel des Wildstrubel zusammen. Fährt auf jeden Fall in die Glieder, diese abwechslungsreiche Herbstwanderung zwischen Bern und Wallis.

Wildstrubel ist der Name. Drei Gipfel, der höchste 3244 Meter, umgeben von Gletscherzungen. Dort hoch wollen wir jedoch nicht, es genügt uns, den Dreizack in fünf Tagen zu umrunden. Heftig genug, wie wir merken sollten – oder wie es das vielbewährte Hüttentrek-Buch euphemisiert: «Der erfahrene Bergwanderer darf sich begeistert zeigen.» Werden wir, sobald wir wieder unten sind.

Der Aufgalopp ist malerisch: Geparkt wird unterhalb der Simmenfälle am südlichen Dorfende von Lenk, und von dort geht’s nur noch nach oben. 

Am ersten Stall sehen wir das Werbeplakat für das lokale Simmentaler Bier. Wir freuen uns darauf. Zuerst aber: Über ein paar sattgrüne Wiesen entlang eines Bachs in Richtung Ammertenpass, ein malerischer Eindruck. Nach dem ersten Hochplateau geht es nochmals steil hoch über eine schroffe Felswand, und in Sichtweite der Passhöhe schlägt das Wetter um: Regen und Graupel. Auf der Krete angelangt, wäre uns eigentlich ein schöner Blick runter auf die Engstligenalp versprochen. Zu sehen: Nebel. Umso willkommener dann der Kafi fertig nach dem Abstieg im Gasthaus Bärtschi auf der Alp.



Diabolischer Anblick - das Tschingellochtighorn.

Kurioser Name, diabolischer Anblick: das Tschingellochtighorn. (Bild: Andreas Schneitter)

Am zweiten Tag gehts morgens im selben Wetter weiter nach oben zum Tschingellochtighorn, und der drollige Name verdeckt die wahre Gestalt dieser Zinne. Mit seinen schroffen Wänden, die jäh aus einer Bergkuppe emporschnellen, können wir uns passendere Namen vorstellen. Satanszacke, Teufelthron, so was in der Art.

Oben klärt sich wenigstens der Himmel auf, und auf dem Grat geht’s über den Chindbettipass durch frisch gefallenen Schnee runter – eigentlich zur Lämmerenhütte des SAC.



Blick auf die Walliser Gipfel bei Sonnenaufgang vom Gemmipass.

Blick auf die Walliser Gipfel bei Sonnenaufgang vom Gemmipass. (Bild: Andreas Schneitter)

Die wird jedoch umgebaut, so dass wir einen Umweg vornehmen müssen zum Gemmipass. Dort, mittlerweile im Wallis und quasi senkrecht oberhalb Leukerbad, erwartet uns im Berghotel Wildstrubel Alpentourismus in seiner ausgeweidetsten Form: Im Restaurant spielt ein Ländlertrio, und die Besucher, die für einen Kurztrip mit der Gondelbahn hochfahren, drängen sich auf die über die Felswand gebaute Aussichtsterrasse für Gruppenfotos.

Den Komfort, der sich im Berghotel bietet, nehmen wir dennoch gerne mit. Denn die schwerste Etappe steht uns noch bevor.

Über Nacht fiel weiter Schnee, doch bei Sonnenaufgang offenbart sich bei klarem Himmel von der Terrasse des Hotels ein majestätischer Blick auf die hohen Gipfel des Wallis. Das Wetter hält, aber problematisch wird der Aufstieg zum Schwarzhorn, quasi der Gipfel unserer Königsetappe. Weil Nordwand, bleibt sie die meiste Zeit im Schatten, und der Weg entlang des Lämmerengletschers, an sich schon ein Stolperpfad, von dem aus wir kaum je nach unten schauen, ist mit frischem Schnee und Eisflächen bedeckt. Hart.



Steile Sache: Aufstieg zum Schwarzhorn.

Steile Sache: Aufstieg zum Schwarzhorn. (Bild: Andreas Schneitter)

Nun erfahren wir, was mit der vielbeschriebenen «Trittsicherheit» gemeint ist. In langsamen Schritten tasten wir uns nach oben, und glücklicherweise hat der Alpenclub dort Drahtseile, Leitern und schmale Stege in die Wand geschlagen, wo der Weg aufhört, Weg zu sein. Das Knirschen der vereisten Stege ist der Sound, der unsere Herzschlagzahl in Fahrt bringt.

Oben auf dem Col de Schwarzhorn würden wir sofort unsere Flachmänner leeren, hätten wir welche dabei. Ein tiefer Griff in die Tüte mit Studentenfutter und ausgiebige Panoramafotos müssen daher genügen. Von dort geht’s lange, lange wieder nach unten entlang des Hochtals Les Outannes, oder wie der Begleiter sagt: von Mordor ins Auenland. Grüne Hänge, plätschernder Bach, ab und zu huschen Murmeltiere vorbei.



Steinmännchen beim Plaine-Morte-Gletscher.

Steinmännchen beim Plaine-Morte-Gletscher. (Bild: Andreas Schneitter)

Und schliesslich, am letzten Tag: der Aufstieg zum Glacier de la Plaine Morte. Der Weg führt vorbei an bräunlich-rotem Gestein und bringt damit nochmals einen neuen Ton hinein in die abwechslungsreiche Route. Oben beim Gletscher angekommen, entfaltet sich an dessen Rand noch einmal der Blick über die Gipfel des Wildstrubel, den wir nun grosszügig umrundet haben. Klar ist die Luft, weit die Sicht, still die Welt in der Höhe. Wir atmen tief ein – und steigen runter zur Wildstrubelhütte, wo wir die letzte Nacht verbringen.

Um dort, endlich, Simmentaler Bier angeboten zu kriegen. Wir stossen sofort an.

  • Anschauen: Die «Sibe Brünne», wo die Simme schäumend aus dem Berg stürzt. Und dann im gleichnamigen urchigen Restaurant den hauseigenen Alpkäse einkaufen.
  • Anstossen: Simmentaler Bier. So jung – erst 2014 gegründet – und schon so gut.
  • Aufsteigen: Die Kletterei hoch zum Col de Schwarzhorn auf über 3000 Meter fährt in die Glieder und bringt die Knie ins Wanken, aber hey: Man will was zu erzählen haben.
  • Ausatmen: Am Rand des Plaine-Morte-Gletschers. Dass dort auch eine Gondelbahn hochfährt, wird rigoros ignoriert.

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