Russische Führung lässt nach umstrittener Wahl die Muskeln spielen

Angesichts der Proteste gegen die umstrittene Parlamentswahl in Russland gehen die Behörden verstärkt gegen Kreml-Gegner vor. Im Zentrum Moskaus fuhr am Dienstag ein Grossaufgebot von Sondereinheiten des Innenministeriums auf, um für Ruhe zu sorgen.

Grossaufgebot an Einsatzkräften in Moskau (Bild: sda)

Angesichts der Proteste gegen die umstrittene Parlamentswahl in Russland gehen die Behörden verstärkt gegen Kreml-Gegner vor. Im Zentrum Moskaus fuhr am Dienstag ein Grossaufgebot von Sondereinheiten des Innenministeriums auf, um für Ruhe zu sorgen.

Die Moskauer Polizeidirektion rief die Bürger auf, „sich auf keine Provokation einzulassen und nicht an ungenehmigten Massenaktionen teilzunehmen“. Andernfalls würden die Demonstranten festgenommen werden.

Zugleich erhöhte das Innenministerium die Alarmstufe für die Sicherheitskräfte, wie ein Polizeisprecher mitteilte. Die Sicherheitskräfte hätten nur „ein Ziel: die Sicherheit der Bürger zu gewährleisten“, sagte ein Ministeriumssprecher.

Russische Blogger stellten Videos ins Internet, auf denen zu sehen war, wie gepanzerte Mannschaftswagen der Sicherheitskräfte in langen Kolonnen in die Innenstadt fuhren. Wie viele Sicherheitskräfte in Moskau stationiert wurden, war nicht klar.

„Die Staatsmacht fürchtet den Zorn des Volkes nach dieser gefälschten Wahl“, erklärt sich Sergej Mitrochin von der Partei Jabloko das Auffahren der Sicherheitskräfte. „Dieser Aufmarsch ist ein Zeichen der Schwäche.“ Die Bürgerrechtlerin Ljudmila Alexejewa sprach von einer Panikreaktion der Behörden. „Wir wählen ein neues Parlament, und sie schicken Truppen.“

Hunderte Verhaftungen

Das Aufbieten bewaffneter Truppen ist nach offizieller Darstellung eine Reaktion auf mehrere Demonstrationen gegen die umstrittene Parlamentswahl. Nach Polizeiangaben waren in Moskau und St. Petersburg am Montagabend 2000 Menschen auf die Strasse gegangen; die Veranstalter sprachen von 10’000 Teilnehmern.

Als hunderte Demonstranten vom genehmigten abgelegenen Kundgebungsort zum Sitz der Zentralen Wahlkommission in Moskau marschieren wollten, versperrten ihnen Polizisten den Weg. Rund 300 Demonstranten wurden verhaftet.

Auch ein Anführer der russischen Oppositionsbewegung zählte zu den Festgenommenen. Ilja Jaschin von der liberalen Oppositionsbewegung Solidarnost sei wegen „Nichtbefolgung einer Anordnung der Vertreter der Staatsmacht“ zu 15 Tagen Haft verurteilt worden, meldete die Nachrichtenagentur Interfax.

Festnahmen auch am Dienstag

Nach Angaben einer Sprecherin von Solidarnost waren am Dienstagnachmittag noch immer rund 250 der Festgenommenen in Polizeigewahrsam. Vielen von ihnen drohte nach ihren Worten eine Verurteilung zu 15 Tagen Gefängnis.

Am Dienstag wurde bei neuen Protesten in Moskau auch der Regierungskritiker und frühere Vize-Regierungschef Boris Nemzow festgenommen. Auch der prominente und mit internationalen Preisen ausgezeichnete Menschenrechtler Oleg Orlow von der Organisation Memorial kam in Polizeigewahrsam.

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