Immer mehr Beschäftigte von russischen Staatsbetrieben sowie Lehrer beklagen sich darüber, sie würden zum Jubel für den Präsidentschaftskandidaten Wladimir Putin genötigt. Russische Medien berichteten über einen Mix aus Drohungen und Versprechen.
Damit seien viele Staatsangestellte für die Kundgebung vom Samstag gezwungen worden. Die Kundgebung gilt als Kreml-Antwort auf die Massendemonstration der Opposition für faire Wahlen, die am selben Tag geplant ist. Putin will sich am 4. März wieder ins Präsidentenamt wählen lassen, das er bereits von 2000 bis 2008 innehatte.
Lehrern werde mit Problemen an den Schulen gedroht, sollten sie nicht für Putin auf die Strasse gehen, sagte der Co-Vorsitzende der Bildungsgewerkschaft Utschitel (Lehrer), Wsewolod Luchowizki, der Zeitung „Kommersant“. Als Organisator der Kundgebung gilt die kremltreue Partei der Patrioten.
Medien zufolge wurden zudem an Journalisten Merkzettel von Behörden verteilt etwa mit dem Hinweis, nur glückliche Gesichter von Demonstranten zu zeigen und auf die Freiwilligkeit der Strassenaktion einzugehen.
Keine Begeisterung
Mitarbeiter von Staatsbetrieben sagten Journalisten, dass ihnen für die Teilnahme an der Pro-Putin-Aktion etwa eine Vorauszahlung des Lohns versprochen worden sei.
Die Website www.massovki.ru, eine Plattform für die Organisation von Massenveranstaltungen, veröffentlichte Anzeigen, in denen Russen 800 Rubel (rund 24 Franken) für die Teilnahme an der Kundgebung bei eisiger Kälte angeboten wurden.
Russische Medien berichten seit Tagen über die Inszenierung von Strassenjubel für Putin. Am vergangenen Wochenende etwa seien in Jekaterinburg am Ural Demonstranten mit einem Konzert und Gratis-Essen zu einer Manifestation für Putin gelockt worden. Fernsehbilder von den Gesichtern der Teilnehmer liessen aber nach Meinung von Beobachtern kaum auf Begeisterung schliessen.
Festnahmen
Bei Kundgebungen von Regierungsgegnern in Russland nahm die Polizei mindestens 80 Demonstranten fest. In Moskau wurden bei einer nicht genehmigten Protestaktion etwa 20 von rund 200 Teilnehmern abgeführt, unter ihnen auch der Schriftsteller Eduard Limonow von der nicht zugelassenen Partei Anderes Russland.
Das berichtete das kremlkritische Internetportal kasparov.ru am Dienstag. In der zweitgrössten Stadt St. Petersburg nahmen Sicherheitskräfte nach eigenen Angaben etwa 60 Menschen fest. Mindestens 100 Menschen hätten sich an der nicht genehmigten Aktion im Stadtzentrum beteiligt, berichtete kasparov.ru weiter.
Auch in den Millionenstädten Nischni Nowgorod und Jekaterinburg gab es Proteste. Im sibirischen Omsk gingen Regierungsgegner trotz Temperaturen von minus 30 Grad auf die Strasse.