Die Tonlage im Ukraine-Konflikt verschärft sich. Der Westen wirft Russland vor, eine «gefechtsbereite Streitmacht» an der Grenze zum krisengeschüttelten Nachbarland zusammengezogen zu haben.
Bis zu 21’000 Soldaten habe Moskau dort in den vergangenen Wochen aufmarschieren lassen, berichtete die US-Tageszeitung «New York Times» unter Berufung auf westliche Regierungsvertreter. Russland habe Infanterie, Artillerie und Luftabwehr an der Grenze zur Ukraine zusammengezogen.
Mit dem Aufmarsch könnten russische Einheiten mit wenig Vorwarnung grenzüberschreitend aktiv werden, hiess es. Die Ukraine sprach sogar von 45’000 russischen Soldaten an ihrer Grenze. Aus Moskau gab es dazu zunächst keinen Kommentar.
Lage für Bevölkerung immer dramatischer
Die Lage für die Bevölkerung in den ostukrainischen Grossstädten Lugansk und Donezk wird derweil immer dramatischer. Nach wochenlangen Kämpfen seien in Lugansk etwa 250’000 Menschen ohne Wasser und Strom, teilten die örtlichen Behörden mit. Sie sprachen von einer «humanitären Katastrophe». Bei tagelanger Hitze habe auch die Müllabfuhr den Dienst eingestellt.
Im benachbarten Donezk versuchten nach einem dringenden Appell der Armee immer mehr Menschen, die Stadt zu verlassen. Beobachter schliessen eine Bombardierung nicht aus. Die ukrainische Armee zog ihren Belagerungsring um die Millionenstadt erneut enger.
Die Regierungskräfte würden eine massive Offensive vorbereiten, sagte Andrej Lyssenko vom nationalen Sicherheitsrat in Kiew. «Der Angriff ist noch nicht im Gang, aber wir bereiten die Befreiung von Donezk vor.»
Angesichts zunehmender Spannungen in der Region unterstrich NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen die Geschlossenheit des westlichen Verteidigungsbündnisses. «Die NATO ist entschlossen, alle Verbündeten gegen jederlei Bedrohung zu verteidigen», sagte er im militärischen Hauptquartier der NATO im belgischen Mons.
Bern weitet Massnahmen gegen Russland aus
Nach der Verschärfung der Sanktionen von USA und Europäischer Union gegen Russland als Reaktion auf die Ukraine-Krise weitet auch die Schweiz ihre Massnahmen aus. Sie verbietet Finanzgesellschaften, mit weiteren 26 Personen und 18 Unternehmen neue Geschäftsbeziehungen einzugehen.
Das teilte das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) mit. Die Massnahmen gelten ab 18.00 Uhr und beziehen sich auf Sanktionsbeschlüsse der EU vom 11. und 25. Juli.
Die Massnahmen zielen vor allem auf prorussische Separatisten, die in ihren selbst ernannten «Volksrepubliken» politische Verantwortung tragen. So stehen auf der vom SECO veröffentlichten Liste unter anderen die Namen des «Regierungschefs» der «Volksrepublik Donezk», Alexander Borodaj, sowie des «Vize-Regierungschefs» der «Volksrepublik Lugansk», Wassili Nikitin und mehrerer ihrer «Minister».
Die Liste enthält zudem die Namen der Leiter der russischen Inland- und Auslandgeheimdienste, Alexander Bortnikow und Michail Fradkow, sowie von Sicherheitsratschef Nikolai Patruschew. Der tschetschenische Präsident Ramsan Kadyrow figuriert ebenfalls darauf.
Unter den aufgeführten Organisationen sind ferner die «Volksrepubliken» Donezk und Lugansk und der «Bundesstaat» Noworossija, der sie seit dem 24. Mai vereint, sowie mehrere bewaffnete paramilitärische Gruppen.
Der Bundesrat hat die Sanktionen der EU im Zusammenhang mit der Krise in der Ukraine nicht übernommen, will aber deren Umgehung verhindern. Er erliess deshalb am 2. April eine Verordnung über «Massnahmen zur Vermeidung der Umgehung internationaler Sanktionen».