Nach den Massenprotesten gegen die Rückkehr von Wladimir Putin in den Kreml bringt die Regierungspartei ein schärferes Versammlungsrecht auf den Weg. Das Gesetz soll für Ruhe auf Russlands Strassen sorgen. Menschenrechtsorganisationen kritisieren das Gesetz scharf.
Begleitet von Festnahmen Dutzender Regierungsgegner hat die russische Staatsduma am Dienstag in zweiter Lesung die umstrittene Verschärfung des Versammlungsgesetzes beschlossen. 240 von 450 Abgeordneten stimmten dem Gesetz zu. Für die Gesetzesänderung waren nur 226 Ja-Stimmen nötig. Noch steht die dritte und abschliessende Lesung aus.
Vor dem Parlament nahm die Polizei nach Oppositionsangaben etwa 50 Gegner des Gesetzes fest. Die russische Polizei sprach von 20 Verhaftungen.
Das neue Gesetz sieht Höchststrafen von 300’000 Rubel (rund 7150 Franken) oder 200 Stunden gemeinnützige Arbeit für Privatpersonen und bis zu einer Million Rubel für Organisationen vor. Als Verstösse gelten etwa Störungen im Strassenverkehr oder auch das Tragen von Masken.
Versammlungsfreiheit gefährdet
Gegner kritisieren das Gesetz als endgültigen Schritt in den Polizeistaat. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch erklärte in Moskau, dass damit freie Demonstrationen im Grunde nicht mehr möglich seien.
Präsident Putin hatte die Verschärfung am Vortag beim Russland-EU-Gipfel in St. Petersburg verteidigt. Die Opposition solle sich in Parteien organisieren, sagte er. „Wir haben andere Möglichkeiten, unsere Positionen auszudrücken“, sagte Putin beim Treffen mit der EU-Spitze, die sich über den Zustand der Menschenrechte erneut besorgt zeigte.
Oppositionelle hatten bereits vor Putins Rückkehr in den Kreml vor einem Monat vor einem Anziehen der Daumenschrauben gewarnt. Das Gesetz soll noch vor einer geplanten Grosskundgebung der Opposition am 12. Juni in Kraft treten.
Putins Gegner wollen an diesem russischen Feiertag im Moskauer Stadtzentrum für mehr politische Freiheiten demonstrieren. Allerdings hat die Stadt bisher nur einen entlegenen Versammlungsort genehmigt.