Die Energiegrossmacht Russland hat mit dem Bau der rund 2380 Kilometer langen Pipeline South Stream vom Schwarzen Meer bis nach Italien begonnen. Damit kann der staatliche Gaskonzern Gazprom die Ukraine umgehen, die in der Vergangenheit immer wieder mal den Gashahn zugedreht hatte.
Mit dem Baustart der 16 Mrd. Euro teuren Gaspipeline stösst die Energiegrossmacht Russland weiter auf den europäischen Energiemarkt vor. Der russische Präsident Wladimir Putin und Gazprom-Chef Alexej Miller gaben den Startschuss für die gigantische Leitung.
Miller feierte den Baubeginn nahe der südrussischen Stadt Anapa auch als „Sieg“ über das von der EU unterstützte Konkurrenzprojekt Nabucco. „Wir haben Gas, wir haben Abnehmer, bei uns ist alles fertig“, sagte Miller dem russischen Staatsfernsehen. Das erste Gas soll 2015 durch die Leitung fliessen. Nabucco kommt hingegen seit Jahren nicht recht voran.
Das Megaprojekt sei nicht nur für Russland, sondern für ganz Europa wichtig, sagte Putin bei dem Festakt. „South Stream schafft die Voraussetzung für eine zuverlässige Versorgung unserer Kunden in Europa“, betonte der Präsident.
Umgehung der Ukraine
Durch die insgesamt vier South-Stream-Stränge sollen ab 2019 bis zu 63 Milliarden Kubikmeter Gas jährlich strömen. Das entspricht etwa dem Verbrauch von 38 Millionen Haushalten. Russland will sich aber auch weiter von seinem bislang wichtigsten, aber unberechenbaren Transitland Ukraine für den Gasverkauf in der EU lösen.
Mit South Stream will der Gasriese Gazprom – wie mit der Pipeline Nord Stream durch die Ostsee nach Deutschland – den wachsenden Energiehunger in Europa stillen, der durch den Atomausstieg entsteht. Herzstück der South-Stream-Leitung ist ein 925 Kilometer langer Abschnitt durch das Schwarze Meer.
Die 1455 Kilometer lange Landleitung beginnt im bulgarischen Badeort Warna, führt durch Serbien, Ungarn und Slowenien und endet an der norditalienischen Grenze in Tarvisio. Das massgeblich von Putin vorangetriebene Projekt geht auf eine Initiative von Gazprom und dem italienischen Energieversorger Eni von 2007 zurück.
An der Firma South Stream Transport mit Sitz in den Niederlanden ist Gazprom zu 50 Prozent und Eni mit 20 Prozent beteiligt. Die BASF-Tochter Wintershall und der französische Stromkonzern EDF halten je 15 Prozent.
Düstere Perspektiven für Nabucco
Experten sehen angesichts von South Stream kaum Chancen für die Nabucco-Pipeline, die Gas unter Umgehung Russlands aus dem Kaspischen Meer über die Türkei nach Europa transportieren soll. Als wichtigster Partner hatte die Ex-Sowjetrepublik Aserbaidschan im Südkaukasus zuletzt eine kleinere Variante des Vorhabens ins Spiel gebracht.
Die EU wirft Gazprom Missbrauch der Marktstellung vor und hat deswegen im September eine Untersuchung eingeleitet. Zudem pocht Brüssel darauf, dass Gasverkäufer wie Gazprom nicht zugleich Besitzer der Transportwege sein dürfen.