Russland erlaubt umstrittene Sperrung von Internetseiten

Ungeachtet internationaler Proteste hat Russland erstmals den Weg für eine gesetzliche Sperrung von Internetseiten freigemacht. Gemäss dem in der Staatsduma am Mittwoch verabschiedeten Gesetz geht es dabei vor allem um den Schutz für Kinder.

Blick in die Staatsduma: Das Unterhaus des russischen Parlaments sagt Ja zur Zensur von Internetseiten (Archiv) (Bild: sda)

Ungeachtet internationaler Proteste hat Russland erstmals den Weg für eine gesetzliche Sperrung von Internetseiten freigemacht. Gemäss dem in der Staatsduma am Mittwoch verabschiedeten Gesetz geht es dabei vor allem um den Schutz für Kinder.

Allerdings befürchten Gegner des Gesetzes politischen Missbrauch sowie Zensur. Behörden können ohne Gerichtsbeschluss schwarze Listen anlegen und Seiten blockieren lassen. Als Gründe für eine Sperrung der Seiten sind Inhalte mit Kinderpornografie, eine Verherrlichung von Drogenkonsum und Aufrufe zu Selbstmorden aufgeführt.

Gegen die Annahme des Gesetzes hatten mehrere Internetanbieter und Verbände protestiert, auch die EU hatte sich besorgt gezeigt wegen der möglichen Einschränkung demokratischer Freiheiten. Regierungskritiker sehen in dem Gesetz einen weiteren Versuch, die durch das Internet mobilisierte Protestbewegung einzuschränken.

Internet als letzte Bastion der Meinungsfreiheit

Das Internetportal Wikipedia hatte am Dienstag aus Protest gegen das Gesetz seine russischen Seiten gesperrt. Das Internet gilt in der ansonsten von Staatsmedien geprägten Medienlandschaft bislang als einer der letzten Räume für Meinungsfreiheit in Russland.

Der prominente Blogger und Anwalt Alexej Nawalny warnte davor, dass Kommentare auf Internetseiten und in Online-Foren sowie gezielte Provokationen zu einem Fall für die Behörden werden können. Immer wieder waren Oppositionsseiten in der Vergangenheit in Russland nicht erreichbar.

Gesetz im Eiltempo verabschiedet

Nach der Verschärfung des Versammlungsgesetzes peitschte das Parlament auch dieses umstrittene Regelwerk im Eiltempo durch. Die ausserparlamentarische Oppositionspartei Jabloko kritisierte, dass es im Grunde keine öffentliche Debatte oder Expertengutachten zu dem Gesetz gebe.

Vor der Verabschiedung war jedoch eine Formulierung zum Schutz vor „schädlichen Informationen“ gestrichen worden, wonach die Gefahr einer beliebigen Sperrung noch grösser gewesen wäre. Die schwarzen Listen sollen vom 1. November dieses Jahres an entstehen.

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