Russland hat seine Gaslieferungen an die Ukraine am Montag gestoppt. Der Staatskonzern Gazprom kündigte an, nur noch gegen Vorauszahlung zu liefern, weil das Land seine Rechnungen nicht bezahle. Damit schürt Russland auch in der EU Sorgen vor Engpässen.
Moskau versicherte, die vereinbarten Gaslieferungen in die Europäische Union seien nicht betroffen, warnte aber trotzdem vor Problemen. Diese könnten entstehen, wenn die Ukraine für den Transit bestimmtes Gas für den Eigengebrauch abzweige.
Die EU-Kommission sah am Montag keine Engpässe in Europa. «Die Versorgung der EU ist normal», sagte die Sprecherin des EU-Energiekommissars Günther Oettinger in Brüssel. Das Frühwarnsystem sei bisher nicht aktiviert worden. Das System wurde nach dem Gasstreit zwischen Moskau und Kiew im Jahr 2009 eingerichtet und soll Russland und die EU im Fall drohender Lieferengpässe zusammenbringen.
Die Hälfte der russischen Gasexporte nach Europa wird über die Ukraine abgewickelt. Allein Deutschland deckt mehr als ein Drittel seines Gasbedarfs mit russischen Lieferungen.
Der russische Lieferstopp kam nicht überraschend. In der Nacht zum Montag waren mehrstündige Verhandlungen Moskaus mit Kiew unter Vermittlung Oettingers gescheitert. Nach Angaben der EU-Kommission lehnte Russland einen Kompromissvorschlag ab.
Neues Ultimatum im Gasstreit
Am Montagmorgen lief ein neues Ultimatum Moskaus zur Begleichung der ukrainischen Schulden aus, die Gazprom inzwischen auf 4,458 Milliarden Dollar beziffert. Gazprom hatte bis 8.00 Uhr MESZ eine Zahlung von 1,95 Milliarden Dollar verlangt. Russland habe die Frist dreimal verlängert und sei zu einer weiteren Stundung nicht bereit, hiess es.
Laut EU-Kommission hatte Oettinger vorgeschlagen, dass die Ukraine zunächst eine Milliarde US-Dollar zahlen sollte. Die übrigen offenen Rechnungen hätten bis Ende des Jahres in sechs Raten geleistet werden sollen. Moskau habe aber auf sofortiger Zahlung von 1,95 Milliarden US-Dollar und dem Gesamtpreis von 385 US-Dollar bestanden – ohne Ermässigung für den Sommer.
Moskau gibt Jazenjuk die Schuld
Moskau machte vor allem den ukrainischen Regierungschef Arseni Jazenjuk für das Scheitern verantwortlich. «Die unangemessene Haltung des Regierungschefs muss das ukrainische Volk nun ausbaden», sagte Regierungschef Dmitri Medwedew. «Jazenjuk will die Konfrontation», kritisierte Gazprom-Chef Alexej Miller.
Sowohl die Ukraine als auch Russland reichten Klage bei der internationalen Schiedsstelle für Handelsstreitigkeiten in Stockholm ein.
Medwedew versicherte, dass Moskau zu weiteren Verhandlungen bereit sei. EU-Kommissar Oettinger kündigte an, er werde nach einer Sondierungsphase erneut zu trilateralen Gesprächen einladen.
Rückendeckung erhielt Brüssel am Montag aus Washington: Auch die USA forderten Russland zur Wiederaufnahme der Gas-Verhandlungen mit der Ukraine auf. Der von der EU unterbreitete Kompromissvorschlag sei «fair und vernünftig» gewesen, sagte die Sprecherin des US-Aussenministeriums, Jen Psaki.
Die Ukraine hatte Russland erst kürzlich mit dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen gedroht. Kiew wirft Moskau vor, Separatisten in der Ostukraine zu unterstützen. Der Kreml weist dies zurück. Der Abschuss eines ukrainischen Militärflugzeuges mit 49 Soldaten an Bord durch prorussische Separatisten hatte auch international Bestürzung ausgelöst.
Separatisten besetzen Zentralbank in Donezk
Am Montag brachten Separatisten die Filiale der Zentralbank in der Ostukraine-Metropole Donezk unter ihre Kontrolle. Sie wollten damit jeglichen Geldfluss an die Zentralmacht in Kiew unterbinden, sagte ihr Anführer Andrej Purgin.
Moskau fordert die Einstellung der ukrainischen Armee-Offensive im Osten. Eine Waffenruhe in der Ostukraine kann es nach den Worten von Präsident Petro Poroschenko aber erst geben, wenn die Grenzregion zu Russland wieder voll unter Kontrolle der Regierungstruppen ist. Dies sollten die Streitkräfte noch in dieser Woche umsetzen, sagte Poroschenko am Montag vor Kommandanten der Sicherheitskräfte.