Russland ist ab sofort provisorisch aus dem Internationalen Leichtathletik-Verband (IAAF) ausgeschlossen worden. Diesen Beschluss fasst das Council der IAAF angesichts der gravierenden Dopingvorwürfe.
Diesen einschneidenden Beschluss fasste das Council der IAAF am Freitagabend nach einer mehrstündigen Telefonkonferenz seiner 24 anwesenden Mitglieder. Die Athletinnen und Athleten Russlands dürfen bis auf weiteres nicht mehr bei internationalen Veranstaltungen starten. Den Russen droht damit auch ein Olympia-Ausschluss für die Sommerspiele 2016 in Rio de Janeiro, weil die Sperre vorerst unbefristet ist. 22 Council-Mitglieder stimmten einer IAAF-Mitteilung zufolge für den provisorischen Ausschluss, einer votierte dagegen.
«Das war ein beschämender Weckruf, und wir sind uns einig, dass Betrug auf keiner Ebene toleriert wird», sagte der IAAF-Präsident Sebastian Coe. Der Weltverband habe die derzeit härtestmögliche Strafe gegen den russischen Verband verhängt, hiess es im IAAF-Communiqué weiter. Aber man sei sich einig, dass «das gesamte System nicht nur in Russland, sondern weltweit versagt» habe.
Die Debatte um den Ausschluss Russlands hatte um 19 Uhr begonnen. Coe leitete das Meeting von London aus, die Mitglieder des IAAF-Councils wurden in einer Telefonkonferenz zugeschaltet. Zunächst erhielt Russlands Council-Mitglied Michail Butow Gelegenheit, die Position seines Verbands zu erklären. Danach durfte Butow nicht mehr an der Konferenz teilnehmen. Nach der Diskussion wurde zu später Stunde über eine Suspendierung des russischen Verbands abgestimmt.
Eine Kommission der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) hatte am Montag in einem mehr als 300-seitigen Report ein gigantisches Doping- und Korruptionssystem in der russischen Leichtathletik angeprangert. Sie schlug unter anderem den Ausschluss des nationalen Verbandes aus der IAAF vor.
Angesichts des drohenden Olympia-Ausschlusses russischer Leichtathleten hatte der russische Sportminister Witali Mutko bereits im Vorfeld wirksamere Schritte im Anti-Doping-Kampf angekündigt. «Wir sind bereit, öffentlich und freiwillig zusätzliche Massnahmen zu ergreifen. Falls nötig, ändern wir das System», hatte er aus Moskau vor Beginn der IAAF-Sitzung in London gesagt. Mutko fügte auch hinzu, dass er auf ein «nachvollziehbares» Urteil hoffe. Einige Vorwürfe seien «absurd». Der Vertraute von Präsident Wladimir Putin warnte vor einer «Kollektivstrafe» gegen russische Sportler. «Unschuldige Athleten müssen geschützt werden», forderte er. Nun ist es für Erste anders gekommen.
Betroffen von einem Olympia-Ausschluss, sofern er Tatsache wird, wäre auch die Stabhochspringerin Jelena Isinbajewa. Das Glamour-Girl hatte sich strikt gegen eine «Kollektivstrafe» für die russischen Leichtathleten ausgesprochen. «Unschuldigen und unbeteiligten Sportlern die Teilnahme an internationalen Wettbewerben der IAAF oder den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro zu verwehren, ist ungerecht», betonte die zweifache Olympiasiegerin und Weltrekordhalterin in einem offenen Brief, aus dem die Nachrichtenagentur Tass am Freitag zitierte. «Während meiner ganzen sportlichen Karriere war ich ehrlich. Ich trainierte, gewann Weltmeisterschaften und Olympische Spiele und stellte Weltrekorde auf. Alle meine Siege waren sauber und verdient», betonte Isinbajewa. «Ich beachtete – und beachte weiterhin – alle Anti-Doping-Regeln.» Sie hoffe «auf die Vernunft der IAAF-Führung». Die 33-Jährige plant nach einer Babypause 2014/15 im kommenden Jahr ihr Comeback bei den Olympischen Spielen in Rio.