Die Fähre legt in St. Malo an – Frankreich. Eine gewisse Leichtigkeit liegt in der Luft. Wärme, Strand, ein Wirt wie in einem Krimi von Georges Simenon.
Wie ist das doch bekömmlich, mit der Fähre in einem gemächlichen Tempo über den Kanal zu fahren. Ohne Hektik, mit einem dumpfen Brummen im Hintergrund. Ein leichtes Schaukeln die ganze Nacht. Habe meine Schlafmatte aus dem Rucksack gekramt, mich im Passagierraum hingelegt und herrlich geschlafen. Ein prächtiger Frühsommertag an der französischen Küste. Alles mit einer gewissen Leichtigkeit.
Bin auf ein Hotel zugesteuert – nicht im touristischen Intra Muros, sondern anfangs Plage, zwischen Intra Muros und Cite d´Alet. Hotel de la Mer heisst es – lange wird es so kaum mehr stehen. Es istetwas heruntergekommen. Ich bin hineingegangen, weil der Wirt grad an der Theke stand. Er hat mich umständlich begrüsst. Als ich ihn nach eiem Zimer fragte, bat er mich allerdings zuerst, den Rucksack abzustellen, ihm tue der Rücken schon beim Anblick weh. Er trug Wollpullover und Wolljacke drüber, ist um vier Uhr erwacht, hat sich nochmals gedreht im Bett, ist jetzt aber doch schon lange auf den Beinen. Ja natürlich hat er ein Zimmer, doch als alle Formalitäten, und es waren viele, ausgefüllt sind (Zimmerpreis, Frühstück, Taxen), merkt er, dass das Zimmer vergeben ist. Aber er hat noch eins. Mit Meersicht, darum etwas teurer und alle Formalitäten von vorn. Packt die Zettel wieder aus und auch die Fünfzig-Euro-Note, rechnet und gibt das Herausgeld in Münzen von einem Euro bis zu zehn Cents. Und dann einen Kaffee, den Schlüssel suchen, hochsteigen – es riecht sehr im Zimmer, aber ich lege mich grad nochmals hin.
Im Dienste Frankreichs
Ein Spaziergang zur Cite d´Alert später, etwas touristisch, viele Memorials, die an den Zweiten Weltkrieg erinnern, beeindruckend halt immer wieder. Hier starb Alfons beim Versuch, diesen Felsen hinunterzuspringen, am zehnten August neunzehnhundertvierundvierzig, im Dienste Frankreichs. Achtzehnjährig. Er wäre heute sechsundsiebzig, hätte vielleichtKinder, Enkel …
Später der Versuch, meine Pfunds in Euros zu wechseln. Der Computer in der Bank spinnt. Muss neu aufgestartet werden. Die beiden Bankbeamten bitten mich, einen Kaffee trinken zu gehen und staunen, dass ich tatsächlich wieder zu ihnen zurück komme. Alle staunen über alle, aber man tauscht Höflichkeiten aus.
Ein Nickerchen im Hotelbett, ein Spaziergang zur Altstadt hinüber. Sonne am Strand, Familien im Sand. Alles so anders hier, wärmer das Klima, gleichgültiger die Leute, freundlich sehr wohl, ruhiger, sie reden so leise.
In diesem Land werde ich jetzt dann wohnen, ab Herbst, wenn diese Reise zu Ende ist. Es ist so fremd, aber ich sauge alles auf, möchte die Sprache besser können, es gefällt mir. Ich freue mich.
(St Malo, 30. Mai 2002)