Wer kennt sie nicht, die Müdigkeit nach dem Essen. US-Forscher haben dieses «Fresskoma» bei der Taufliege Drosophila melanogaster untersucht und so einige der Mechanismen hinter diesem Phänomen entschlüsselt.
Ähnlich wie Menschen schlafen auch Taufliegen nach grösseren Mahlzeiten länger. Ausserdem beeinflusste die Art der Nahrung den Schlaf nach dem Fressen, wie das Team um William Ja vom Scripps Research Institute in Jupiter, Florida, im Fachblatt «eLife» berichtet.
«Bei Drosophila gibt es einen gut dokumentierten Zusammenhang zwischen Schlaf und Stoffwechsel, durch den die Fliegen das Schlafen unterdrücken und ihre Aktivität steigern, wenn sie ausgehungert sind», erklärte Ja gemäss einer Mitteilung des Fachjournals vom Dienstag. Die direkten Auswirkungen der Nahrung auf das Schlafverhalten von Drosophila seien aber wegen fehlender Methoden bisher kaum untersucht worden.
Grosse Mahlzeit, langes Nickerchen
Um das zu ändern, entwickelten Ja und sein Team ein System, mit dem sich das Fressen und Schlafen der Tiere visuell verfolgen liessen. Durch die Aufnahmen stellten die Forschenden fest, dass die Fliegen nach einer Mahlzeit ein «Verdauungsschläfchen» von 20 bis 40 Minuten halten. Je grösser die Mahlzeit, desto länger war das Nickerchen danach.
Ja und Kollegen untersuchten ausserdem, ob einzelne Bestandteile der Nahrung einen Einfluss auf das «Fresskoma» der Taufliegen haben. Dazu fütterten sie die Tiere mit Nahrung aus Eiweiss, Salz oder Zucker. Wie sich herausstellte hatten nur Eiweiss und Salz einen Effekt und machten die Fliegen schläfriger. Zucker änderte nichts am Schlafbedürfnis.
Offenbar lasse sich die Schläfrigkeit nach dem Essen also über die Nahrungszusammensetzung steuern, schrieb das Fachblatt in der Mitteilung.
Die Nerven hinter dem «Fresskoma»
Mit gentechnischen Methoden identifizierten die Wissenschaftler die Nervenschaltkreise bei Drosophila, die an der Müdigkeit nach dem Essen beteiligt sind. Dabei stach beispielsweise eine Gruppe von Nervenzellen hervor, die aus früheren Studien als Regulatoren der aufgenommenen Nahrungsmenge bekannt waren. Sie steuern einen Verhaltenswechsel während der Nahrungsaufnahme.
Ein Teil dieser Nervenzellen war der neuen Studie zufolge notwendig, um den Verdauungsschlaf spezifisch nach eiweissreicher Nahrung auszulösen. Schalteten die Forschenden diese Nervenzellen aus, waren die Fliegen nach der Protein-Mahlzeit sogar wacher als normalerweise, beispielsweise nach der zuckerreichen Nahrung.
Das könne darauf hinweisen, dass Eiweiss sowohl einen Schlaf- als auch einen Weckimpuls auslöse, erklärte Studienautor Keith Murphy gemäss der Mitteilung. Der Weckimpuls werde aber überlagert durch die Aktivität der besagten Nervenzellen.
Abhängig von der inneren Uhr
Weitere am «Fresskoma» beteiligte Schaltkreise scheinen auch von der inneren Uhr der Taufliege abzuhängen: Die Schläfrigkeit nach Mahlzeiten werde dadurch während der Abenddämmerung reduziert, so die Forschenden.
Das von ihnen vorgestellte System, um Schlaf- und Fressverhalten bei den Insekten zu beobachten, solle weitere Studien an den grundlegenden Mechanismen ermöglichen, sagte Ja. «Da Schlaf ein verletzlicher Zustand für Tiere in freier Natur ist, wird es interessant sein herauszufinden, warum Verdauungsschläfchen notwendig sind».