Weil er eine Journalistin unsittlich berührt haben soll, ist Frankreichs Finanzminister Michel Sapin in Bedrängnis geraten. Der Sozialist räumte am Dienstag ein «unangebrachtes» Verhalten ein, bestritt aber im Detail die verbreitete Version des Vorfalls.
In einem kürzlich erschienen Buch werfen die Journalistinnen dem 64-Jährigen vor, er habe einer Reporterin Anfang 2015 eine anzügliche Bemerkung gemacht und das Gummibündchen ihres Slips «schnalzen lassen». Die fragliche Szene spielte sich im Januar 2015 beim Weltwirtschaftsforum im Schweizer Davos ab.
Nach Darstellung von Stéphanie Marteau und Aziz Zemouri sah Sapin in Davos eine Journalistin, die sich bückte, um einen Kugelschreiber aufzuheben. «Er kann seine Hand nicht zurückhalten und murmelt: ‚Ah, aber was zeigen Sie mir denn da?‘ (…) und lässt das Gummibündchen des Slips der Journalistin mit tief sitzenden Hosen schnalzen», heisst es im Buch.
Sapin, ein enger Vertrauter von Staatschef François Hollande, wies die Vorwürfe nach Erscheinen des Buches im April zurück. Nachdem am Montag ein Skandal um den Vize-Parlamentspräsidenten Denis Baupin publik wurde, der mehrere Politikerinnen sexuell belästigt oder mit anzüglichen SMS behelligt haben soll, sah sich Sapin aber zu «Klarstellungen» genötigt.
«Hand auf Rücken gelegt»
«Ich habe einer Journalistin eine Bemerkung über ihre Kleidung gemacht und meine Hand auf ihren Rücken gelegt», erklärte der Finanzminister über die Begegnung 2015. «Es gab in meinem Verhalten keinerlei aggressive oder sexistische Absicht. Aber alleine die Tatsache, dass ich die fragliche Person schockiert habe, zeigt, dass diese Worte und diese Handlung unangebracht waren. Es tat mir leid, und es tut mir immer noch leid.»
Die Journalistin habe ihn umgehend nach dem Vorfall zur Rede gestellt, erklärte Sapin. «Ich habe natürlich aufrichtig um Entschuldigung gebeten.» In Frankreich gibt es immer wieder Debatten über Sexismus in der Politik und das Verhalten von Politikern gegenüber Kolleginnen und Journalistinnen.
Die Affäre um Sapin erinnert an die um den deutschen FDP-Politiker Rainer Brüderle. Die «Stern»-Journalistin Laura Himmelreich hatte Anfang 2013 in dem Magazin über anzügliche Bemerkungen Brüderles berichtet. Der Artikel trat eine Debatte über Sexismus los und schadete Brüderles Ansehen.